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Archiv-Artikel

Schlammschlacht vor Parteitag

CDU-Sozialexperte Hermann-Josef Arentz soll demontiert werden: Angeblich ohne Gegenleistung soll er vom Energieriesen RWE 60.000 Euro im Jahr erhalten haben. Verheimlicht hat Arentz aber nichts

VON FRANK ÜBERALLUND ANDREAS WYPUTTA

Wenige Tage vor dem am Montag beginnenden CDU-Bundesparteitag gerät der Sozialexperte der Union, Hermann-Josef Arentz, in massive Kritik. Der Vorsitzende der CDU-Sozialausschüsse beziehe ohne jede Gegenleistung jährlich rund 60.000 Euro vom Energieversorger RWE, berichtet der Kölner Stadt-Anzeiger ohne jede Quellenangabe in seiner gestrigen Ausgabe. Außerdem stehe Arentz „ein jährliches Strom-Firmendeputat von 7.500 Kilowattstunden“ zu. Gegenüber der taz bestätigte der nordrhein-westfälische Landtagsabgeordnete die Einnahmen, betonte aber, er habe aus seinem Arbeitsverhältnis nie ein Geheimnis gemacht: Als zusätzliche unselbstständige Tätigkeit gibt Arentz im öffentlich zugänglichen Handbuch des Landtags seine Arbeit als Angestellter der „Rheinischen Braunkohlenwerke Aktiengesellschaft, Köln“ – der jetzigen RWE Power AG – vorschriftsmäßig an.

Zur Art seiner Tätigkeit will Arentz keine weiteren Angaben machen, allerdings treffe der Vorwurf einer Alimentierung durch den Stromkonzern nicht zu: „Gehen sie davon aus, dass ich für mein Geld arbeite“, so Arentz am Donnerstagabend. Gestern Nachmittag erklärte der Bundesvorsitzende der christlich-demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA) dennoch, er wolle den umstrittenen Vertrag mit RWE Power zukünftig ruhen lassen und habe den Vorstandsvorsitzenden deshalb gebeten, das Arbeitsverhältnis für die Dauer seines Landtagsmandats auszusetzen. „Hejo“ Arentz hatte in der jüngsten Vergangenheit vermehrt „vorbildliches“ und „ethisches“ Verhalten der gesellschaftlichen Eliten in Deutschland angemahnt. „Wer seinen Mitmenschen jeden Tag predigt, sie müssten den Gürtel enger schnallen, aber selbst den Bauch über der Hose trägt, der ist eben nicht glaubwürdig“, heißt es in seinem Buch „Sozialstaat im Härtetest“.

Unterstützung bekam der Arbeitnehmervertreter vom CDU-Bundestagsabgeordneten Ralf Brauksiepe, der auch CDA-Hauptgeschäftsführer ist. „Eine Gegenleistung besteht nicht nur darin, dass man sich 40 Stunden in der Woche den Hintern platt sitzt“, meint Brauksiepe – schließlich habe der Kölner Christdemokrat „nicht am Fließband“ gearbeitet. Kölns DGB-Chef Wolfgang Uellenberg-van Dawen erklärt, er halte nicht Arentz‘ Arbeitsverhältnis, sondern „die Berichterstattung für einen Skandal“. Ihm sei „nirgendwo bekannt, dass Herr Arentz seine berufliche Tätigkeit und sein Landtagsmandat miteinander verquickt hätte“, so Uellenberg zur taz. Der Sozialpolitiker vertrete in der CDU eine „ganz wichtige Position“.

Arentz hatte sich nicht nur gegen die von der CDU-Bundesparteichefin Angela Merkel unterstützte Kopfpauschale im Gesundheitswesen stark gemacht: Auch die vom Wirtschaftsflügel der Union geforderte Abschaffung des Kündigungsschutzes wollen seine Sozialausschüsse auf dem Düsseldorfer Bundesparteitag verhindern. Offensichtlich solle ihm bereits im Vorfeld geschadet werden, glaubt Arentz, der am Montag erneut für das CDU-Präsidium kandidiert.

Scharf kritisiert wurde der CDA-Vorsitzende dagegen von Vertretern der nordrhein-westfälischen Regierungskoalition. „Mit dieser Geschmacklosigkeit hat der Mann, der sich gerne als soziales Gewissen der CDU begreift, seine Glaubwürdigkeit komplett verspielt“, findet Michael Groschek, Landesgeneralsekretär der SPD: „Der Lack ist ab.“ Reiner Priggen, Energieexperte der grünen Landtagsfraktion, fühlt sich sogar an den Fall des vorbestraften Viersener Müllbarons Hellmuth Trienekens erinnert, der nicht nur Kölner Lokalpolitiker geschmiert hat. Man müsse „genau hinschauen, wann Herr Arentz sich eher für das Allgemeinwohl und wann für das Wohl des Unternehmens“ eingesetzt habe. „Das System des Müllunternehmers Trienekens, der gezielt die politische Landschaft mit Posten und Pöstchen versorgt hat, lässt grüßen.“ CDU-intern ist dagegen von einer gezielten Schwächung des Arbeitnehmerflügels die Rede – mit Karl-Josef Laumann als Nachfolger des Wirtschaftsexperten Friedrich Merz kandidiert neben Arentz ein zusätzlicher prominenter Arbeitnehmervertreter für das Präsidium der Bundespartei. „Bereits im Vorfeld wurden doch auch noch anonyme Hinweise auf den Artikel im Stadt-Anzeiger verschickt.“