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Archiv-Artikel

Schläger wittert Verschwörung

Ein Ratzeburger Neonazi wird wegen mehrerer Körperverletzungen zu zwei Jahren und elf Monaten Haft verurteilt. Eine Entschuldigung bei seinen Opfern kommt dem 25-Jährigen nicht über die Lippen: Er sieht sich selbst als eines

Kopfschüttelnd hört Christian W. der Urteilsbegründung zu: Der stadtbekannte Anhänger der rechten Szene fühlt sich ganz offenkundig als Opfer. Der Vorsitzende Richter am Amtsgericht Ratzeburg hingegen hat den 25-Jährigen mehrerer Körperverletzungen für schuldig befunden: „Zwei Jahre und elf Monate Haft.“ Damit ist das Gericht im wesentlichen Staatsanwaltschaft und Nebenklage gefolgt.

Kaum einmal blickte der Angeklagte an diesem Freitag zu Sven W. hinüber, einem der Geschädigten. Auch kein Wort der Entschuldigung kam Christian W. über die Lippen, stattdessen sprach er immer wieder von einer Verschwörung gegen ihn.

In der Nacht von 24. auf dem 25. Dezember 2007 war Sven W. mit Freunden in Ratzeburg unterwegs gewesen. Nach dem Weihnachtsfest mit ihren Familien wollten sie weiter feiern und kehrten in der Gaststätte „Moonlight“ ein. Dort gerieten sie mit anderen Gästen in eine verbale Auseinandersetzung – darunter auch Christian W. Auf Wunsch des Wirtes verließen Sven W. und seine Freunde das Lokal und kehrten in der Bar „L’île“ ein. Das „Moonlight“ verlassen mussten aber auch Christian W. und seine Leute.

Vor der Tür des „L’île“ brach erneut ein Streit aus. Das Gericht sah es durch die Zeugenaussagen als bestätigt, das Christian W. bei der Auseinandersetzung gezielt auf Sven W. zuging und bewusst mit einer Holzlatte nach seinem Kopf schlug. „Ich kann mit dem einen Auge nur noch knapp 10 Prozent sehen“, sagt Sven W. zur taz. Eine neue künstliche Linse könnte Abhilfe schaffen – die Krankenkasse weigert sich allerdings dafür zu zahlen.

Im Verfahren wurden gleich mehrere Gewalttaten von Christian W. verhandelt. Zwei davon räumte er ein, die schwere Körperverletzung gegen Sven W. aber wollte er nicht begangen haben. Stattdessen belastete Christian W. einen Kameraden. Er beteuerte, „früher“ auch selbst rechts gewesen zu sein, woraufhin ihn der Nebenkläger, der Rechtsanwalt Dirk Audörsch, auf die nach wie vor szenetypische Bekleidung hinwies, die der Angeklagte sogar während des Verfahrens trug.

Gegen das Urteil wolle er Berufung einlegen, sagte Christian W. auf Nachfragen: „Was geht das dich an?“ ANDREAS SPEIT