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Archiv-Artikel

Schiri und Lager helfen Bayer 04

Mit einer Kasernierungsstrategie schafft Trainer Klaus Augenthaler die Trendwende für Leverkusen. Beim 3:1-Erfolg mussten aber auch die Freiburger und der tollpatschige Schiedsrichter assistieren

In der Kabine waren „auch selbstkritische Stimmen“ zu vernehmen

AUS FREIBURGDANIELA FRAHM

Einen Tag früher als üblich bei Auswärtsspielen hat sich Bayer-Trainer Klaus Augenthaler mit seiner Mannschaft in den Bus gesetzt und ist Richtung Breisgau abgereist. Genauer gesagt ging es ins Kurztrainingslager nach Winden im Elztal, wo Bayer-Sportdirektor Rudi Völler als DFB-Teamchef die deutsche Nationalelf auf die WM 2002 vorbereitet hatte. Nach zwei Niederlagen in Folge wollte Augenthaler „den Rhythmus ändern“, um die Uefa-Cup-Plätze zumindest in Sichtweite zu behalten.

„Der Neuanfang hat ganz gut funktioniert“, lautete die Zwischenbilanz des Bayer-Trainers nach dem glanzlosen 3:1-Erfolg beim designierten Absteiger SC Freiburg, der die restlichen Saisonspiele mehr oder weniger als Schaulaufen betrachtet und „bei den Fans Kredit zurück gewinnen“ (so die neue Losung von SC-Trainer Volker Finke) will. Wer unter diesen Voraussetzungen ein attraktives Fußballspiel erwartete, wurde vor allem zu Beginn enttäuscht.

Mehr als 20 Minuten dümpelte die Begegnung vor sich hin. „Wir haben uns schwer getan“, gab Carsten Ramelow zu, der bereits in der vierten Minute seine zehnte Gelbe Karte kassierte und damit am nächsten Sonntag gegen Bremen genauso fehlt wie Diego Placente (fünfte Gelbe).

Dass die Leverkusener weiter auf das internationale Geschäft hoffen können, haben sie vor allem den Freiburgern und ein bisschen auch Schiedsrichter Peter Gagelmann zu verdanken. Der Sport-Club bewies seinen Ruf als Aufbaugegner für angeschlagene Teams, indem er Bernd Schneider in der 26. Minute unbehelligt durchs Mittelfeld marschieren ließ und seinen Distanzschuss auch noch durch Youssef Mohamad unhaltbar für Torwart Richard Golz abfälschte.

Nach dem Ausgleich durch Alexander Iashvili (37.) reichten zwei Kontertore von Dimitar Berbatov zum Sieg. Soumaila Coulibaly reklamierte ein Foul, das keines war, Bayer schaltete schnell und Freiburg zu lang sam: Über Schneider und Paul Freier gelangte der Ball zu Berbatov (66.), der mit einem Flachschuss zum 1:2 abschloss. Zum entscheidenden dritten Treffer (83.) trug unfreiwillig Schiri Gagelmann bei, der einem Pass von Zlatan Bajramovic im Weg stand und so den Leverkusener Konter mit dem erneuten Torschützen Berbatov einleitete.

„Das Spiel war typisch für das, was uns in dieser Saison passiert ist“, räsonierte Finke über eine Katastrophen-Spielzeit. Während die Freiburger mit dem Schicksal haderten, waren in der Bayer-Kabine laut Augenthaler „auch selbstkritische Stimmen“ zu vernehmen. Zu recht, wie der Trainer meint, der selbst bei seinen Nationalspielern nervöse Ballannahmefehler registrierte und nun darauf hofft, dass der Dreier nach sechs sieglosen Spielen zu mehr Selbstvertrauen beiträgt.

Bis auf zwei Schüsse von Jacek Krzynowek (45.) und Andrej Voronin (50.), die Golz beide parierte, gab es keine weiteren Leverkusener Torchancen, was nur zum Teil an der ausnahmsweise relativ sicher wirkenden Defensive der Freiburger lag, vor allem aber am fehlenden Offensivdrang der Gäste. Selbst am zweifachen Torschützen Berbatov hatte „Auge“ einiges zu bemängeln. Tatsächlich war von dem Bulgaren bis auf die beiden Treffer nicht viel zu sehen, weshalb ihm sein Coach läuferische und taktische Defizite ankreidete. Und auch für die zwei Tore wollte er ihn nicht herausheben – „dafür wird er schließlich gut bezahlt“. Seine Auswechslung kurz vor Spielende war deshalb kein Abfeiern des Matchwinners, sondern glich eher einer Bestrafung.

Augenthaler hatte „keinen Unterschied vom Tabellenplatz“ ausmachen können zwischen seiner Mannschaft und der des abgeschlagenen Bundesliga-Schlusslichts, Rudi Völler kam es sogar vor, als hätten die Werkskicker zeitweise „mit Bleiweste gespielt“. Zwischen der Form der Vorrunde und der aktuellen klafft bei Bayer noch immer eine große Lücke. Diese wieder zu schließen, daran soll in einem weiteren Kurztrainingslager – von heute bis Mittwoch in Bitburg – gearbeitet werden.