richterlinienkompetenz : Schill gibt Beust den Rest
Die Frage kann problemlos und unzweideutig formuliert werden: Hat der Bürgermeister der Hamburger Regierungskoalition die Richtlinienkompetenz oder ein Hinterbänkler der Schill-Fraktion die Richterlinienkompetenz? Die Antwort, die demnächst erteilt werden wird, ist im Grunde verzichtbar. Dass diese Frage überhaupt gedacht werden muss, sagt alles über den Zustand des Rechts-Bündnisses.
Kommentarvon SVEN-MICHAEL VEIT
Es half nichts, Schill vor die Tür zu schicken. Pünktlich nach drei Monaten später ist er wieder da, unverändert und ungeläutert, nicht gesellschaftsfähig wie eh und je. Keine Woche hat er gebraucht, um die Regierung des Stadtstaates in einen aufgeschreckten Hühnerhaufen zu verwandeln. Eine Beweisführung immerhin ist dem Ex-Richter damit gelungen: Senat und Koalition fehlt jegliche politische und moralische Substanz.
Auch denjenigen, dem diese noch am weitestgehenden zuzubilligen war, treibt Schill beliebig vor sich her. Ein Regierungschef, der sich aus dem wichtigsten Entscheidungsgremium seiner Koalition entfernen lässt, gibt den Anspruch auf, ernst genommen zu werden.
Der Grundirrtum des Ole von Beust bestand in dem Glauben, den Polit-Neuling Schill beherrschen zu können. Der Mann mit dem gestochen scharfen Freund-Feind-Weltbild aber ist nicht zähmbar. Die Koalition läuft zu seinen Bedingungen, oder er wird sie vernichten.
Die zweite Option ist für Hamburg die bessere. Und gibt Beust die einzige Chance, einen Rest an Glaubwürdigkeit zu retten.