■ Scheitern der Verhandlungen zwischen Peru und Ecuador: Ein bißchen Krieg tut gut
Noch immer weiß niemand so genau, wer im Grenzkrieg zwischen Ecuador und Peru eigentlich angefangen hat. Klar ist jedoch, daß es keine schnelle Lösung gibt – weil sie niemand will. In Ecuador läuft die Generalmobilmachung, Perus Präsident Alberto Fujimori schließt nach dem Scheitern der Gespräche von Rio eine „militärische Lösung“ nicht mehr aus – unversöhnliche Gesten im Streit um ein Gebiet, in das die Soldaten beider Seiten erst auf umständlichste Weise transportiert werden müssen, um sich dort überhaupt bekämpfen zu können.
Der Grenzkonflikt ist einer derjenigen Kriege, die eigentlich ohne Sinn und Verstand und, vor allem, ohne militärisches Ziel geführt werden. Insbesondere Ecuadors greisem Präsidenten Sixto Durán Ballén geht es zur Halbzeit seiner Amtsperiode offensichtlich eher ums eigene Wohl. Wo noch jeder 18jährige, der in den letzten fünfzig Jahren in Kämpfen mit peruanischen Grenzsoldaten gestorben ist, als Nationalheld gefeiert wurde, da fällt es nicht schwer, praktisch über Nacht eine neue Welle des Hurrapatriotismus zu provozieren, der die innenpolitischen Sorgen und Nöte erst einmal in Vergessenheit geraten läßt. Bloß zu heftig dürfen die Kämpfe nicht werden – sonst hat Ecuadors Armee wieder keine Chance, wie schon 1941, bei ihrem bisher einzigen Einsatz gegen einen externen Gegner, als sie sich mächtig blamierte.
Perus Präsident Alberto Fujimori tut das Kämpfen auch ganz gut – hat er doch in seiner von Selbstputsch und erfolgreichem Anti-Guerilla-Kampf geprägten ersten Amtsperiode bislang zwar seine innenpolitische Durchsetzungsfähigkeit beweisen können, noch nicht jedoch seine unbedingte Vaterlandsliebe und Souveränität im Schutz der ihm Untergebenen.
Der Krieg zwischen Ecuador und Peru – ein Anachronismus. Erinnerungen werden wach an andere Kriege in Lateinamerika, an den „Fußballkrieg“ zwischen El Salvador und Honduras 1969, an die ewigen Auseinandersetzungen zwischen Chile und Argentinien über den Beagle-Kanal. Die Territorialkämpfe passen gerade in Lateinamerika nicht mehr ins politische Geschäft – aber eben weil das so ist, ist der Peru- Ecuador-Konflikt auch nicht politisch dauerhaft zu lösen. Jetzt wird noch ein bißchen gepoltert und ein bißchen gekämpft, mit großem Getöse werden beide Seiten drohen und mobilisieren, um sich dann in ein paar Wochen unter internationaler Aufsicht feierlich auf eine Entmilitarisierung des umstrittenen Urwaldgebietes zu einigen – was wiederum in ein paar Jahren denkbar leicht zu durchbrechen ist, wenn erneut einer der beiden Seiten ein bißchen Krieg ganz gut ins innenpolitische Konzept paßt. Bernd Pickert
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