■ Scheibengericht: Carlos Gardel "Tangos"
Orchestre du capitole de Toulouse, Michel Plasson (beide EMI)
Auf der Nino-Rota-Platte ist Musik aus „La Strada“, dem „Leoparden“, „Krieg und Frieden“ und „Waterloo“ zu hören. Als Freund etwa der Zirkusmusik aus Fellinis Film ist man eher enttäuscht. Es handelt sich nicht um die originale Filmmusik, sondern um eine „Suite aus dem Ballett La Strada“, die Rota nach dem Erfolg des Films aus ihren Bestandteilen zusammengestellt hat. Losgelöst vom Film hat die Musik etwas Oberflächliches, als könnte sie aus eigener Kraft nicht existieren – das war ja auch nicht ihr Sinn, im Film war sie ein Element unter anderen. Aber gerade dadurch, daß sie nun versucht, sich in formaler Rundung als etwas „Eigenständiges“ zu setzen, erscheint sie als bloß illustrativ und unvollständig.
Ähnlich scheitert das Projekt, Carlos Gardels „Tangos“ – Filmschlager aus den dreißiger Jahren – durch Arrangements für zwei Bandoneons und großes Symphonieorchester zu adeln (Gardel wurde in Toulouse geboren und wanderte in früher Jugend nach Argentinien aus, die Platte soll eine Hommage der Stadt an ihren Sohn sein). Das Symphonieorchester macht eine Art Sülze draus. Die ursprüngliche Melancholie und direkte Sentimentalität der Schlager wird unter einem glibbrigen Aspik aus Streichern begraben. In deutschen Rundfunkanstalten wird so etwas, glaube ich „gehobene Unterhaltungsmusik“ genannt. Die argentinische Luftfahrtgesellschaft könnte sie, statt Muzak, als Sedativum vor dem Start einsetzen.
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