■ Scheibengericht: Trevor Watts Moire Music Drum Orchestra
A Wider Embrance (ECM 521 351-2)
Trevor Watts ist ein alter Hase des britischen Jazz mit europaweiter Reputation. In den sechziger Jahren experimentierte er im Spontanous Music Ensemble mit freier Improvisation, in den Siebzigern bastelte er an Jazzrockverbindungen mit seiner Gruppe Amalgam, in den Achtzigern gründete er Moire Music, eine Schmelztiegelformation, mit der er den Stilfächer noch weiter aufschlug, um sich mit dem Moire Music Drum Orchestra in den Neunzigern ins Fahrwasser des „Ethnic-Jazz“ zu begeben.
Im Zentrum des Ensembles stehen fünf Schlagwerker aus Ghana, die über einen Urwald aus Trommeln, Rasseln und Kuhglocken verfügen. Sie bilden das Herz der Musik, das unaufhörlich pocht und pumpt. Osibisa-Veteran Nee- Daku Patato, eine Autorität auf der Conga, ist einer von ihnen, ein anderer ist Jojo Yates, der wegen seiner synkopischen Muster auf diversen Kuhglocken geschätzt wird und mit Peter Green gearbeitet hat. Die Referenzliste der anderen ist kaum weniger eindrucksvoll. Ihre Spielweise lotet die dynamische Skala voll aus, wenn einmal mit enormer Wucht dumpf hallende Donnerrhythmen niederprasseln, ein andermal die Metall- Lamellen der „Mbira“ eher beruhigend schnarren. Auf das Sopransaxophon, neben dem Alto die einzige Melodiestimme, hat Trevor Watts traditionelle Stilelemente der afrikanischen Hirtenschalmei übertragen, indem er sich von lang ausgehaltenen Tönen in sturzbachartige Triller und Läufe wirft, wogegen seine Improvisationen auf dem Altsax sich enger ans Jazzidiom halten. Nasale Flöten- und Pfeifentöne, deren repetitive Muster sich zu einer Art afrikanischer Minimalmusik zusammenfügen, bewahren die Platte davor, durch zuviel Bum-Bum auf die Dauer langweilig zu wirken.
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