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■ Schöner LebenSchauer Nr. 08/15

Schöner Leben

Schauer Nr. 08/15

Alle Wetter! Wer hätte augerechnet beim Wetterbericht, der Schlaftablette unter den Betäubungsmitteln unserer öffentlich-rechtlichen Grundversorgung, soviel Abwechslung erwartet? Zumal in einer Zeit, wo nur noch graduelle Unterschiede des immergleichen Scheißwetters zu vermelden sind? Gerade dieser Umstand aber zwingt die Fernsehmetereologen, bis dato sämtlich stocksteife Rhetoriker der Marke „Kaltfront im Anzug“, nun offenbar zu ungeahntem sprachlichem Feingefühl, um in immer neuen Synonymen den selben, öden Sachverhalt zu schildern. Das klingt dann mit auflockernder Tendenz in etwa so: „...bis zum Sonntagabend Eintrübung und etwas kühler; am Montag Durchzug eines Regengebietes. Dienstag und Mittwoch bedeckt mit strichweise Regen, aber schon ab Donnerstag aufkommende Schauertätigkeit bei Werten um 13 Grad. Die weiteren Aussichten: unbeständig und für die Jahreszeit zu feucht.“

Na — ist das nicht wahre Alltags-Poesie? Nein? — Dann eben nicht. Wenn's weiterhin so vor sich hinwettert, schauert, nieselt etc. — dann können wir's nur noch machen wie die Eskimos. Bekanntlich hat dieses findige Völkchen über 200 Begriffe erfunden, die das Phänomen des Schnees auf's schönste umschreiben. Wir finden blütenweißen Schnee und matschig-grauen, locker-flockigen Schnee und klumpig-klitschigen; es hat den Schnee des Sommers und des Winters; jenen besonders ekligen Schnee schließlich, der an den Sohlen der Nachbarin klebt, wenn diese mal wieder spontan in den frisch gebohnertern Iglu hereinschneit.

Wenn das mal Schule machte! Da könnten die Norddeutschen den Eskimos harte Konkurrenz bieten. Da würde die Wetterprognose vollends ins Dichterische lappen, und gar dem Literarischen Quartett Paroli bieten: „Wie aus heiterem Himmel wird's in der stillen Morgenstund' regnen; funkelnde Tröpfchen, edelsteingleich, lassen sich auf die saftgrünen Matten sinken. Gen' Abend Gebraus' und Getös', gischtig und geifernd fegt's über das Land. Dann Ruhe — nur von Ferne noch grollt der Donner. Und lieblicher Regen benetzet die Fluren...“ uswusf.

Wie? Solchen Quargel will auch wieder niemand hören? Na dann — numerieren wir das Elend eben durch. Und melden schon mal für morgen: Nummer 08/15 im Anzug. tom

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