Schäuble fordert Grundgesetzänderung: Bundeswehr-Soldaten als Weltpolizei
Die Bundeswehr soll Geiseln aus Piratenhand befreien dürfen, fordert Innenminister Schäuble und will dafür das Grundgesetz ändern. Doch eigentlich will er nationale Alleingänge ermöglichen.

FREIBURG taz | Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) versucht, die gescheiterte Befreiung des von Piraten gekaperten deutschen Frachters "Hanse Stavanger" der SPD in die Schuhe zu schieben. Die Sozialdemokraten hätten eine Grundgesetzänderung verhindert, die der Bundeswehr die rechtlichen Grundlagen für derartige Aufgaben gibt, sagte er der Bild am Sonntag.
Die Argumentation Schäubles hinkt: Die Bundeswehr ist schon seit Monaten vor Somalia im Anti-Piraten-Einsatz. Auch eine Geiselbefreiung hätte sie durchführen dürfen. Das Mandat des Bundestags sieht vor, dass die Bundeswehr "alle erforderlichen Maßnahmen, einschließlich der Anwendung militärischer Gewalt, ergreifen" kann. Das heißt, sie darf Piratenboote abdrängen, anhalten, durchsuchen und versenken.
Dass stattdessen die GSG 9 eingesetzt wurde, lag nur daran, dass die Polizeitruppe für Geiselbefreiungen besser ausgebildet ist als das "Kommando Spezialkräfte" der Bundeswehr. Auch das Scheitern des GSG-9-Einsatzes hatte keine rechtlichen Ursachen, vielmehr legten die USA wegen des hohen Risikos ein Veto ein. Und ohne deren Hubschrauberträger "Boxer" konnte die Befreiungsaktion nicht durchgeführt werden.
Der Hintergrund von Schäubles Vorstoß liegt woanders: Derzeit kann die Bundeswehr Einsätze gegen Piraten nur im Rahmen von internationalen Einsätzen der UNO oder der EU durchführen. Er will sie auch "in alleiniger nationaler Verantwortung" weltweit einsetzen können, schrieb Schäuble 2006 in einem regierungsinternen Vorschlag für Verfassungsänderungen, der der taz vorliegt. Ohne Absprache mit Verbündeten könnten deutsche Soldaten dann weltweit Piraten und Terroristen jagen. Gegen eine solche Umwidmung der Bundeswehr zu einer Art Weltpolizei ist die SPD tatsächlich.
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