Schadenersatz droht: Ahlhorn wird Schlachthof nicht los

Nachdem ihr Projekt per Bürgerbefragung gestoppt wurde, will die Firma Kreienkamp jetzt in anderthalb Kilometern Entfernung Hähnchen töten.

Heute tot am Fließband, morgen ein leckerer Broiler: 160.00 Tiere werden in dieser Schlachterei täglich getötet. Bild: dpa

HAMBURG taz | Die Firma Kreienkamp will offenbar partout eine Hähnchenschlachterei im niedersächsischen Ort Ahlhorn bauen. Sollte der Rat der Großgemeinde Großenkneten das verhindern wollen, drohen ihm Schadenersatzansprüche: Weil als Standort für den Schlachthof das Gewerbegebiet „Metropolpark Hansalinie“ infrage kommt, diskutiert der Rat, dessen Bebauungsplan nachträglich zu ändern, um einen Schlachthof auszuschließen. Die Manager des Metropolparks wollen das nicht hinnehmen.

Kreienkamp-Geschäftsführer Walter Kreienborg hatte schon einmal einen Anlauf unternommen, eine Großschlachterei in Ahlhorn zu bauen. Anderthalb Kilometer Luftlinie entfernt vom Metropolpark wollte er neben einer bestehenden Putenschlachterei der Firma Heidemark eine Hähnchenschlachterei mit einer Kapazität von 240.000 Tieren am Tag setzen. Diese Vorstellung trieb viele Bürger auf die Barrikaden, nicht zuletzt, weil sie um die Grundwasserversorgung ihrer Gemeinde fürchteten.

Die Ratsmehrheit aus CDU und FDP war für den Schlachthof und es gab auch Bürger, die für das Projekt demonstrierten. Doch als der Bürgermeister nach dem plötzlichen Tod des Amtsinhabers von der CDU neu gewählt werden musste, wurde es einer von der SPD: Thorsten Schmidtke. Um Klarheit ins Kuddelmuddel zu bringen, entschloss man sich zu einer Bürgerbefragung. 56 Prozent der TeilnehmerInnen lehnten die Großschlachterei ab.

Der Ort hat 6.500 Einwohner und gehört mit 19 weiteren, zum Teil sehr kleinen Dörfern zur Gemeinde Großenkneten.

Bei der jüngsten Kommunalwahl haben 37 Prozent die CDU gewählt, 31 Prozent SPD, 15 Prozent FDP, elf Prozent die Kommunale Alternative und sechs Prozent unabhängige Kandidaten.

CDU-Fraktionschefin ist die Bundestagsabgeordnete Astrid Grotelüschen, deren Familie eine Putenbrüterei betreibt. Unter Wulff war sie Agrarministerin, bis bekannt wurde, dass sie Dumpinglohn-Verträge in Schlachtereien zu verantworten hatte.

Hatte die Gemeinde bei der Schlachterei neben Heidemark das Heft in der Hand, weil sie dafür erst noch Baurecht schaffen musste, sieht es bei Kreienborgs neuen Plänen anders aus. Beim Metropolpark, der einen ehemaligen Fliegerhorst in ein Gewerbegebiet verwandeln soll, hatte der Gemeinderat zwar Nutzungen wie Atomkraft oder Müllverbrennung ausgeschlossen, nicht aber die Schlachtung.

„Es wird mit einer Reihe von Interessenten verhandelt“, bestätigt Stephan Janssen, der Sprecher des Papenburger Bau- und Immobilienunternehmens Bunte, in dessen Auftrag die Metropolpark Hansalinie GmbH das Gewerbegebiet entwickelt. Im Übrigen nehme Bunte zu laufenden Verhandlungen nicht Stellung. Der Geschäftsführer des Metropolparks, Thomas Meiswinkel, und Kreienkamp-Geschäftsführer Kreienborg gaben keine Auskunft.

Um überhaupt zu erfahren, ob etwas im Busch ist, hatte die Ratsminderheit aus SPD, Unabhängigen und der Kommunalen Alternative auf selbigen geklopft: Im Verwaltungsausschuss beantragten sie eine Änderung des Bebauungsplans für den Metropolpark, woraufhin die Gemeinde Anwaltspost vom Metropolpark bekam. Zu Beginn der folgenden Ratssitzung zogen sie den Antrag zurück, sodass die Verwaltung jetzt prüfen kann, ob und was im Falle einer Planänderung an Schadenersatz auf sie zukommen könnte.

„Die SPD wird die Gemeinde nicht vor die Wand fahren“, versichert deren Fraktionschef Hartmut Giese. Aus seiner Sicht gibt es sachliche Gründe, eine Baugenehmigung zu versagen. Wenn 120- bis 180.000 Hähnchen täglich geschlachtet werden sollten, könne man sich vorstellen, wie viele Ställe dafür nötig wären.

Eine deutlich geringere Leistung würde die SPD vielleicht akzeptieren. Aber im Vordergrund steht für Giese die Sturheit Kreienborgs: „Wir finden es ärgerlich, dass eine Bürgerbeteiligung stattgefunden hat und nicht akzeptiert wird“, sagt er.

„Grundsätzlich kann man es Herrn Kreienborg nicht verübeln, dass er für sich und seine Beschäftigten einen möglichst ortsnahen Standort sucht“, findet Bürgermeister Schmidtke. In Anbetracht der ablehnenden Haltung der Bevölkerungsmehrheit bleibe abzuwarten, „ob und unter welchen Bedingungen die Politik in die Rechte des Flächeninhabers eingreifen will“.

Die Bauleitplanung ist Sache der Gemeinde. Wird ein Bauantrag gestellt, muss als höhere Stelle noch die Gewerbeaufsicht in Oldenburg mitreden. Sie ist für die immissionschutzrechtliche Genehmigung zuständig.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.