■ Saudi-Arabien und Großbritannien streiten sich – ein wenig: Auf derselben Wellenlänge
Diese Feder kann sich die britische Regierung nicht an den Hut stecken: Die saudiarabische Ölgesellschaft Aramco hat britische Maschinenbaufirmen nicht etwa deshalb vom Bewerbungsverfahren für Großprojekte ausgeschlossen, weil die britische Regierung Menschenrechte über Geschäftsinteressen gestellt hat. Der saudische Unmut hat die Firmen getroffen, obwohl London alles unternommen hat, um die Menschenrechte zu ignorieren und der korrupten Herrscherfamilie in Riad wohlfgefällig zu sein.
Der saudiarabische Dissident Mohammed al-Mas'ari, der die Prinzen immer wieder bloßgestellt hat, sollte auf die Karibikinsel Dominica deportiert werden, doch ein britisches Gericht vereitelte den Plan. Und auch das nur halbherzig: Man hat al-Mas'ari nicht etwa politisches Asyl gewährt, sondern duldet ihn lediglich vier Jahre im Land. Wenn diese Galgenfrist abgelaufen ist, wird man erneut sein Leben gegen britische Geschäftsinteressen abwägen. John Major hat die Sache für sich schon entschieden: al-Mas'ari habe die Gastfreundschaft mißbraucht und versucht, das Verhältnis Londons zu seinen Alliierten zu stören.
Weite Bereiche der britischen Außenpolitik werden in den Chefetagen der Rüstungsfirmen entschieden – nicht nur in bezug auf Saudi-Arabien. Beim ökologisch wie ökonomisch schwachsinnigen Pergau- Staudamm in Malaysia und dem ebenso überflüssigen Samarinda-Gasturbinenkraftwerk auf der indonesischen Insel Kalimantan hat die britische Rüstungsindustrie dafür gesorgt, daß der Bau aus Entwicklungshilfegeldern finanziert wurde. In beiden Fällen wurde die Urbevölkerung aus ihrem angestammten Gebiet vertrieben. Im Gegenzug gab es freilich lukrative Bestellungen von britischem Kriegsgerät, von dessen Export 125.000 Jobs in Großbritannien abhängen.
Bei al-Mas'ari schien der Fall viel einfacher: Die Sache hätte nur zwei Millionen Pfund Entwicklungshilfe für Dominica gekostet, und man wäre den Störenfried losgeworden. Außenminister Malcolm Rifkind argumentiert zu Recht, daß man doch die öffentliche Schelte in Kauf genommen habe und nun nicht durch Boykott gestraft werden dürfe. Das wird Saudi-Arabien bald einsehen und die britischen Firmen wieder ans Herz drücken. Schließlich liegen die Regierungen in London und Riad bei Menschenrechtsfragen auf derselben Wellenlänge. Ralf Sotscheck
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