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Satiremagazin „Eulenspiegel“Papst Bushido besucht Schulhof

Das Satiremagazin „Eulenspiegel“ darf eine Parodie über den Vatikan nicht mehr veröffentlichen. Im Verlag versteht keiner, was das soll.

Merke: „Eulenspiegel“ ist lustig. Gäbe es sonst dieses Musical, das auch so heißt? Bild: dpa

Treffen sich zwei Kirchenexperten in Rom – so könnte man die Persiflage zusammenfassen, mit der sich das Satiremagazin Eulenspiegel eine einstweilige Verfügung des Münchner Landgerichts eingehandelt hat. Die Satire trägt den Titel „Sackrileck“.

Sie imitiert die düsteren Romane von Dan Brown – und setzt sich mit dem Gerücht einer Schwulen-Lobby im Vatikan auseinander. Ob die Satire gelungen ist – sie beginnt bushidoesk mit den Worten Schwuchteln, Homo, Schwanzlutscher –, kann man bezweifeln: Sie ist eher was für Freunde des gepflegten Schulhofhumors.

Nicht aber, dass sie dem Eulenspiegel, der permanent im Schatten der Titanic segelt, nun einiges an Aufmerksamkeit einbringen wird. Als sich die Titanic vor einem Jahr mit einer Papstsatire mit dem Vatikan anlegte, bekam das Heft dafür wochenlang Schlagzeilen.

Der eine Experte, den Eulenspiegel-Redakteur Gregor Füller in seiner Satire auftreten lässt, trägt den Namen Andreas Englisch – wie der langjährige Vatikankorrespondent der Bild. Der andere Experte heißt Matthias Drobinski. Drobinski, das ist im echten Leben der Kirchenfachmann der Süddeutschen Zeitung. Und der ist nun gegen die Satire vorgegangen.

Geschwärzte Seiten

Im Juli flatterte eine Unterlassungserklärung in die Eulenspiegel-Redaktion. In dieser Woche folgte die einstweilige Verfügung des Münchner Landgerichts. Die betroffene Eulenspiegel-Ausgabe muss nun aus den Regalen genommen werden, bei Nachbestellungen wird die Seite geschwärzt.

Matthias Drobinski versteht nicht, warum gerade er für die Satire ausgewählt wurde – seit Jahren setze er sich für die Abschaffung des Gotteslästerungsparagrafen ein. „Es fühlt sich an, als ob ich durch den Park laufe, jemand aus der Hecke springt und mir ohne Grund in die Fresse schlägt“, sagt Drobinski der taz.

Er habe in seiner Redaktion Rücksprache gehalten, wie mit dem Beitrag umzugehen sei, unter anderem habe er sich mit Heribert Prantl beraten. „Wir waren uns schnell einig, dass es hier um eine eklatante Persönlichkeitsrechtsverletzung geht“, sagt Drobinski. Der Eulenspiegel sei eben nicht irgendeine Schülerzeitung, sondern die zweitwichtigste Satirezeitung in Deutschland.

Der Autor des Textes, Gregor Füller, versteht die Aufregung nicht. „Wenn jemand von mir behaupten würde, ich hätte an homosexuellen Handlungen teilgenommen, dann wäre mir das egal“, sagt er. Es sei nicht seine Absicht gewesen, mit dem Artikel Krawall zu machen. „Ich wäre nie auf die Idee gekommen, dass irgendjemand diese offensichtlich frei erfundene Geschichte ernst nehmen und sich darüber aufregen könnte“, sagt Füller.

Die Aufmerksamkeit, die ihm und seinem Magazin nun zuteil wird, gefällt ihm dann doch – sie ist ihm nur etwas zu klein geraten. „Im Nachhinein muss ich gestehen, dass es natürlich aus Marketinggründen schöner wäre, wenn ich einen anderen Namen gewählt und sich dadurch eine wichtige Persönlichkeit verletzt gefühlt hätte statt Herr Drobinski“, sagt Füller.

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8 Kommentare

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  • G
    gp

    "Eulenspiegel" ist das beste, unterhaltsamste und lustigste Magazin, was es auf dem Blättermarkt zu lesen gibt. Das Flaggschiff der Satire! Wer's nicht glaubt - einfach mal die Probe machen! Es lohnt sich! Garantiert!

  • M
    martain

    Alles traurige Zensur -- vielleicht kann Eulenspiegel oder auch die taz aus den Gerichtsakten zitieren (auch gern den Inhalt des beanstandeten Textes), das geht doch normalerweise. Erlaubt auch die Kleinmuetigkeit der Nichtspassversteher und Klaeger zu entlarven

    • P
      Polyboy
      @martain:

      Wenn Sie Fäkalsprache für spaßig halten, unterscheiden Sie sich deutlich von denen, die wissen was Anspruch ist.

  • P
    Parry

    Was ich da an "Inhalten" über das Stück lese, ist mehr als geschmacklos und eigentlich nur Vulgär-Jargon. Die taz hingegen behauptet, es sei eine "Auseinandersetztung" mit dem Thema Homosexualität.

     

    Warum sind die Homosexuellen nicht an die Öffentlickeit gegangen, denn sie müssten sich eigentlich auch beleidigt fühlen. Kommt ein Jugendlicher daher und nennt einen Schwulen eine Schwulen, steht das am nächsten Tag sofort in der Zeitung, weil der Jugendliche einen Schwulen "diskriminiert" hat.

     

    Aber hier geht es ja auch "nur" um Papst und Kirche; da darf man anders bewerten.

     

    Wie sieh's denn mal mit dem Islam aus? Da traut man sich wohl nicht so recht ran, liebe taz? Was wird befürchtet? Interne Streitigkeiten? Vorwürfe des "Rassismus"? "Islamophobie"?

     

    Wer dermaßen mit unterschiedlichen Maßstäben an Themen heran geht wie die taz das tut, muss sich über zunehmend kritische Leserkommentare nicht wundern!

  • Feiglinge

     

     

     

    Wenn diese Satiriker einen Arsch in der Hose hätten, würden Sie zur Wahrung der Gleichberechtigung eine Mohammed-Satire veröffentlichen.

    • TM
      Timo Müller
      @Stephan Mirwalt:

      Ich gratuliere. Zu jedem Gespräch über Satire und die katholische Kirche gehören die Floskel "Arsch in der Hose" und die Forderung nach den Islam betreffenden Satiren.

       

      Das ging wirklich schnell.

       

      Ich bin mir nur noch nicht sicher, ob es sich um Ironie handelt.

       

      Schön wärs...

  • T
    tazleser

    Das Christentum zu verarschen ist billig.

     

    Wie wäre es mal mit dem Islam? Wie?!? Bibbert da der Rotweinguertel?

  • L
    lowandorder

    Da schau her - der Herr Heribert, ja spinnt der denn der Prantl?

     

     

     

    Verletzung des Persönlichkeitsrechts?

     

    - eine klare nich dazua!!??

     

    Kein Stück!

     

     

     

    Mit der "Herrenreiter-Entscheidung"

     

    nahm alles in der Republik seinen Anfang:

     

    'Potenzmittelwerbung mit Konterfei eines Herrenreiters"

     

    ( war's Neckermann?);

     

    und schon das zeigt, was für an Schmarrn dös hier is.

     

    I und Sie und auch Sie … kennen einen Herrn …? wie gleich? bisher gor net! gell? Un Build von dem is da aach fei gornet! - a Schmarrn halt.

     

     

     

    Das ist Satire - die darf vielleicht nicht alles, aber das schon;

     

    jede Wette, daß das spätestens in Karlsruhe kassiert wird - die Elaborate des Landgerichts;

     

    was wissen Zivilrichter und ein ehemaliger Staatsanwalt denn schon von der Freiheit der Meinung - eben.