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Saskia Sassen über die Finanzkrise"Es ist ein Horror"

Mit einem Floh, der von einem Wirt zum nächsten hüpft, vergleicht Saskia Sassen die Urheber der Finanzkrise. Die Stadtsoziologin und Globalisierungstheoretikerin erklärt, wie es dazu kommen konnte.

Die Situation ist Ernst, aber es geht weiter, glaubt Sassen. Bild: dpa

taz: Frau Sassen, Sie haben immer auf die unkontrollierbare Macht des internationalen Finanzwesens hingewiesen. Ist es für Sie jetzt eine Befriedigung, zu sehen, was los ist?

Bild: rowohlt

Die Expertin: Saskia Sassen, 59, (Foto) gehört zum intellektuellen Jet set und zählt zu den profilierten Stadtsoziologinnen, Globalisierungs- und Migrationstheoretikerinnen. Die Professorin für Soziologie an der Columbia Universität in New York und der London School of Economics and Political Science wurde in den Niederlanden geboren. Ihr quirliges Temperament erklärt sie damit, dass sie in Argentinien und Italien aufwuchs. Sie ist mit dem Soziologen Richard Sennet verheiratet.

Die Autorin: Ihr neues Buch "Das Paradox des Nationalen" erschien im April im Suhrkamp Verlag.

Saskia Sassen: Es ist ein großes Abenteuer, ein Experiment - wie der Teilchenbeschleuniger Cern. Ein Experiment, das sehr avantgarde ist, denn das Finanzsystem ist sehr avantgarde. Ich sage das aber mit ein wenig Ironie. Ich glaube, das hier ist alles Teil dessen, wie es funktioniert. Das ist noch längst nicht vorbei. Im Gegenteil: Da mag es hier und da einen Crash geben und momentan ist die Situation sehr Ernst, aber es geht weiter.

Aber wie?

Die Bank of America hat nun Merril Lynch gekauft, welche jetzt im Finanzsystem mitmischen und spekulieren kann. Warum sollten sie sonst Merril Lynch kaufen? Sicher nicht, um sie alle zu kleinen Bänkern zu machen, die hinter ihrem Schreibtisch hocken und Geld verkaufen, das sie haben.

Inzwischen sind sogar Finanzexperten ratlos und geben zu, dass sie das Chaos nicht richtig verstehen. Was kann man dagegen tun?

Zunächst muss die Regulierung stärker werden. Das Finanzwesen ist hochkomplex und durchaus eine kulturelle Interpretationssache. Nehmen Sie die Ratingagentur Moody's, ein Unternehmen, das die Kreditwürdigkeit von anderen Firmen bewertet. Moody's sieht die Welt aus der Sicht des Finanzwesens.

Das bedeutet konkret?

Da arbeitet einer mit dem anderen. Beispielsweise bei den Hypotheken. Die sind interessant, weil sie für die einfachen Leute so wichtig sind. Und dann wird es so dargestellt, als würden sie den falschen Leuten Hypotheken geben. Das ist vielleicht Teil der Geschichte. Aber nicht die Geschichte. Also: Wir brauchen mehr Regulierung.

Und sonst? Gibt es noch mehr?

Ja. Der zweite Punkt ist, Distanz zwischen den Akteuren zu schaffen, und der dritte Punkt ist die Gesetzgebung. Die Gesetzgeber müssen einfach mal ihre Hausaufgaben machen. Die halten zum Finanzsystem Abstand. Das ist ihnen zu kompliziert, damit möchten sie nichts zu tun haben. Aber sie müssen. Sie müssen ja nicht alle Algorhytmen verstehen, aber wenigstens, was zu regulieren ist. Das gleiche gilt auch für die Bürger. Wenn Sie eine Kreditkarte haben, dann sollten Sie auch verantwortlich damit umgehen. Es gibt eine Verantwortung, die wir übernehmen müssen, für uns, aber auch für unsere Gemeinschaft. Und die Regeln sollten deutlicher gemacht werden.

Weil die Entwicklung so undurchdringlich scheint, herrscht große gesellschaftliche Verunsicherung. Ist die kollektive Angst begründet?

Lassen Sie uns nicht von Angst, sondern von Horror sprechen. Es ist ein Horror zu sehen, wie weit es gekommen ist. Jetzt geht es um Hypotheken für Leute mit geringem Einkommen, weil sie schon durch die Autofinanzierung, etc durch sind. Alles wurde schon der Logik der Finanzfirmen unterworfen. Meine Reaktion ist nicht Angst, sondern zu sagen, dass dies völlig inakzeptabel ist. Die Regulierungsbehörden in den USA hätten das doch kommen sehen müssen. Ich würde wirklich sagen, dass Angst in diesem Zusammenhang viel zu wertvoll ist. Weil Angst Ihnen eine gewisse existentielle Freude geben kann.

Aber zeigt es, dass nun die Zeit des Neoliberalismus vorbei ist?

Ja, der Neoliberalismus war eine ganz bestimmte Art der Intervention und ich glaube, dass er gerade seine Grenzen demonstriert. Doch es hieß nie, dass der Staat aus allem raus war. Die Idee des Neoliberalismus aber ist zu generell, um zu erklären, was passiert. Eins kann man jetzt jedoch sagen: Gesetzgeber haben im Neoliberalismus wirklich an Macht verloren. Und die Exekutive der US- Regierung hat an Macht gewonnen. Ich hoffe, dass es besser wird, da es wirklich Zeit für einen Wechsel ist, aber man darf nicht vergessen auch wenn die Zeit des Neoliberalismus vorbei sein mag, haben wir es dennoch mit einem bleibenden systemischen Wandel zu tun, mit einer neuen Struktur. Selbst wenn nun Barack Obama gewählt werden sollte, würde sich daran nicht viel ändern.

In ihrem neuen Buch "Das Paradox des Nationalen" sagen Sie, dass die Zukunft unserer vertrauten Rahmenbedingungen ungewiß geworden sei. Können Sie trotzdem Aussagen über das wirkliche Wesen dieser Krise treffen?

Im Grunde befindet sich das Finanzwesen in einer ständigen Krise. Das hat in den Achtzigern unter Reagan angefangen und sich seitdem aufgebaut. Was die Menschen immer vergessen, dass es hier gar nicht um Geld geht, und das ist gerade der Unterschied zum Bankensystem.

Konkreter bitte

Im Bankensystem wird mit Geld gehandelt. Da haben Sie Geld, Sie sitzen hinter Ihrem Schreibtisch, und Sie verkaufen ihr Geld. Im Finanzwesen aber geht es gerade darum, kein Geld zu haben, und welches heranzuschaffen. Verstehen Sie diesen fundamentalen Unterschied?

Nicht so ganz...

Das Negative, also Schulden, wird in einen Vorteil umgewandelt, weil man eben durch den Verkauf dieser Schulden Geld macht. Aber um das zu tun, muss man ständig manipulieren und Aktivität produzieren, es ist wie eine Mühle, die Schrot braucht. Und in so einem System kommt irgendwann der Zeitpunkt, da geht es nicht mehr weiter, denn die Schulden müssen ja irgendwie gedeckt sein. Damals gab es, dank Reagan, ein skandalös großes Defizit im US-Haushalt. Also ein schöner großer Haufen, den man durch den brillanten Schachzug des Verkaufens und des Weiterverkaufens zu Geld gemacht hat. Denn damals wurden die Schulden einfach umsortiert und weiterverkauft.

Das hat funktioniert?

Ganz hervorragend! Jeder wollte einen Teil davon: die Saudis, die Japaner waren damals die größten Käufer. Neben diesen großen Schulden, gab es lauter kleine Beträge, auf die man dieses Umpacken und Weiterverkaufen anwenden konnte. Sie kennen das Spiel, die Kreditkarten, die Autofinanzierung, all diese kleinen Schulden. Ob die Schuldner jetzt gut oder schlecht darin waren, zu zahlen, das machte gar keinen Unterschied. Das Ziel war, so viele wie möglich an den Haken zu bekommen, denn noch einmal: das Finanzwesen verdient sein Geld nicht dadurch, dass jemand seine Schulden zurückzahlt.

Und das System wurde dann auf die Hypotheken übertragen?

Genau. Nachdem es mit den Staatsschulden, den Kreditkarten und den Autokrediten so hervorragend funktioniert hat, wurde das System auch auf Hypotheken übertragen. Und weil die Mühle eben Schrot brauchte, mussten neue Quellen herangeschafft werden. Ich habe Daten, die das Ausmaß beweisen, zu dem die Hypotheken an die armen Haushalte gingen, das war eben der Wachstumsmarkt. Das perfide an der Sache: Für arme Haushalte und die mit geringem Einkommen, sind das Haus und die Wohnung einfach alles. Dort geht das ganze Geld rein. Und die Finanzfirmen waren eben nicht auf die kleinen Sparbeträge der armen Haushalte aus, was waren ja auch Millionen, sondern hinter dem großen Batzen, den Hypotheken. Eine primitive Art der Akkumulierung! Sie haben die Leute ja nicht einmal mehr gefragt, ob sie die Schulden weiterverkaufen dürfen. Aber für diese Menschen war es eben der Verlust von allem, was sie im Leben so zusammengespart haben. Nun wird viel darüber geredet, dass Menschen, die nicht zahlen konnten, überhaupt Hypotheken bekamen. Das ist doch schon komisch, oder?

Warum stoppt keiner diese Geschäfte?

Diese strukturierten Finanzierungen sind ja überhaupt nicht durchsichtig. Es ist, als würden sie eine Tasche packen und keine Ahnung haben, was darin steckt. Diese Verbindung zwischen Finanzmärkten, und zwischen Ländern, und die Geschwindigkeit, in der zwischen den Märkten gehandelt wird! Das ist wirklich Ökonometrie auf höchsten Niveau. So haben Sie zwei Sorten von Genie am Werk. Erstmal produzieren Sie etwas, was niemand versteht. Und es bewegt sich durch die Welt. Mein Argument ist, dass es ein Fehler ist zu denken, die Krise an den faulen Hypothekenkrediten. Die haben einige Firmen ruiniert. Aber ich glaube, dass diese undurchsichtigen Hochrisikogeschäfte den Schaden anrichtet haben.

Ist das nun ein Signal, dass die Globalisierung nicht gut funktioniert?

Schauen Sie, die Europäer haben Probleme, aber keine einzige Subprime-Hypothek verkauft. Es war ein amerikanisches Produkt für amerikanische Menschen. Das war jetzt der erste Run. Aber warten Sie ab, sie werden es wieder versuchen. Es ist einfach zu viel Markt in diesem Geschäft mit Leuten mit geringem und mittlerem Einkommen. Sie sind am Ende nur wie eine Floh, der von einen Wirt zum Nächsten hüpft.

Ein herber Vergleich

Sie können auch nicht sagen, wie es die altmodischen Marxisten sagen würden: Alles Risiko liegt in diesem einen. Das ist auch nicht richtig. Dafür sind es zu viele Akteure. Es hat ein gewisses Level erreicht, und niemand kann mehr Vorraussagen treffen.

Aber gibt es niemanden, der sich damit auskennt, und der einschreitet?

Das ist ja das Problem. Die zweite große Debatte in den USA geht über die Rating-Agenturen. Keine dieser Firmen hat allein genug Wissen - und es ist nicht die alte Geschichte vom imperfekten Wissen. Das ist wirklich die Eskalation davon. Diese Firmen brauchen nicht nur den Zugang zu Information, sie müssen sie sogar erfinden. Und die Rating-Agenturen haben die Macht, das zu tun. Was Sie also haben ist sind die untätigen Regulierungsbehörden, und die strukturellen Bedingungen, in denen wir alle gefangen sind.

INTERVIEW JAN FEDDERSEN UND NATALIE TENBERG

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18 Kommentare

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  • R
    renekoeller

    O.K. - Schulden wurden weiter verkauft. Was aber genau macht es denn attraktiv, Schulden(zudem so genannte Subprime-Kredite) aufzukaufen? Wo liegt denn da der Gewinn?

    Werden sie günstiger verkauft, macht der Verkäufer einen Verlust, denn er hat ja real das Geld gewährt. Und ist es denn für den Käufer überhaupt eine attraktive Anlageform für sein Geld? Sind es nur die Hochrisiko-Anlagezinsen (von den Banken gewährt), die ihn locken?

    Warum handeln Banken überhaupt mit diesen Anlagen, wenn angeblich so viel Kapital im Markt ist?

    Versucht man sich eine Vorstellung davon zu machen, versinkt man in einem Berg von Fragen, welche Motive eigentlich ursächlich für das Desaster sind.

  • RK
    Rüdiger Kalupner

    Der Floh, der ständig neues Kreditvolumen zu generieren hat, hat eine noch dramatischere Aufgabe: den Rückgang des Kapitalzins zu verhindern oder zu stoppen.

     

    Denn wenn die Kreditnachfrage zurückgeht, während das Angebot an Spar- und Zinseinkommes-Geld steigt, fallen die Zinssätze für risikofreie Anlageformen in den Promillebereich. Das sind z.B. rd 4 %-Punkte weniger (statt 4.4 % bringen dann Bundesanleihen nur noch 0,4 %) in den entwickelten Industrienationen. Das bedeutete für die Kapitaleinkommensbezieher ein Einkommensverlust von bis zu 90% ihrer früheren Kapital-/Zinseinkommen. Das wäre eine Revolution bei der Einkommensverteilung ....

     

    Diese Gefahr zu verhindern lohnt es sich schon, die genialsten Systemdenker und -trickser der Nation zu engagieren, die den Kreditgenierierungs-Floh immer neu einkleiden, um das Wirtskarussel am Laufen zu halten. Es geht um die Aufrechterhaltung des Kapitalistenparadises in einer Marktwirtschaft, die auf Zinspromille organisiert ist und auch tendiert !!! Am besten kann man Kapitalisten-GAU mit dem Mittel der Vernebelung der aktiven, obersten Steuerungs- und Machtstruktur-Mechanismen verhindern. Das tat man auch sehr geschickt. Die IGMetallvorstände kennen die hie dargestellte Lage. Die IGMetall-Vorstände zittern vor dem Tag, an dem ihre betrügerische Rolle in dem deutschen, kapitalistischen Floh- und Rumpelstilzchen-Zirkus öffentlich wird.

     

    Den Tipping-Point (= Geniepunkt) für den Sturz der Macht-Nr.1 in Deutschland, dem Siemens-IGMetall-High-Tech-Anbieter-Banken-Clans, ist 1. das Öffentlichmachen der Existenz und der wirtschaftlichen Steuerungstricks (= Flächentariflohnerhöhungen - einkommenspolitische Monopol des Metalltarifkartells) des Rumpelstilzchen-Kapitalisten und 2. der Tatsache, dass alle Teile der Gesellschaft von diesem 2%-Monster, dem Wachstumszwang-Absolutisten, tyrannisiert werden - seit Jahrzehnten! 3. dass jede Metalltariflohnrunde ein weitere Floherfolgsrunde ist, d.h. dass der IGMetall-Vorstand alle seine Mitglieder seit Jahrzehnten betrügt, weil der die revolutionäre Lohnalternative kennt (= energie- und sachkapital-steuerfinanziertes Grund-/Zweiteinkommen).

     

    Nieder mit dem Tyrannen, der uns mit seinem Floh tracktiert!

  • GS
    Günter Seitz

    Ein wesentliches Problem ist die Tatsache, dass die Konsumenten über Jahre ihre Finanzmittel an die Produzenten der Konsumgüter überwiesen haben - Beispiel Aldi. Wenn diese Kapitalsammelstellen diese Gelder nicht reinvestieren werden sie unproduktiv und dem Geldkreislauf entzogen. Sie werden auf den Konten des Bankensystems zwischengelagert, ohne dass sie eine investive Aufgabe erfüllen. Das führt zu einer Geldknappheit, unter der vor allem Sozialhilfeempfänger und sonstige sozial Schwache zu leiden haben. Was fehlt ist ein "Recycling" dieser zwischengelagerten Gelder in den Wirtschaftskreislauf. Da es Aufgabe der Wirtschaft ist, Knappheit zu beseitigen, ist die logische Folgerung, dass diese Gelder an diejenigen umverteilt werden, die am knappsten damit ausgestattet sind - spürbare Erhöhung der Sozialhilfe also.

  • H
    Hajü

    Dei Generierung von Schulden als als Arbeitsgrundlage des Finanzsystems hat Sassen schon recht deutlich gemacht. Und auch, was den Machtzuwachs der Exekutive, bzw was den Machtverlust der Legislative anbetrifft, gezeigt, dass der so oft angeführte Gegensatz - staatlich gelenkte oder freie Marktwirtschaft - in dieser Form gar nicht mehr existiert. Man könnte, und tut das auch, von einer Refeudalisierung der Gesellschaft sprechen, bei der Wahlen nur noch der Vortäuschung von demokratischer Legitimation dienen. Wenn ich unseren Kommentator-Kollegen, Rüdiger Kaluppe richtig verstehe, dann überträgt er -auf deutsche Verhältnisse zugeschnitten -, diese Allianz zwischen Exekutive und Kapitalinteressen unter der Bezeichnung, "Metalltarifkartell" speziell auf die IGM und Siemens. Wie hier im Besonderen, lässt sich das Verhältnis von Gewerkschaft(sführung)en insgesamt, sowie auch der SPD-Führung und dem Kapital in dieser Sichtweise beschreiben. Es ist dies die Zauberformel von der "Einheit von Kapital und Arbeit", der diese Führungen der politischen und gewerkschaftlichen Organisationen unterliegen, und diese Formel als das Trugbild von der "sozialen Marktwirtschaft" verkaufen. "Von der gemütlichen Einbildung, wonach der Kapitalist und der Arbeiter Assoziation schließen etc., weiß weder die Geschichte etwas, noch findet sich davon eine Spur in der Begriffsentwicklung des Kapitals." (Marx, Grundrisse der politischen Ökonomie des Kapitals)

  • RK
    Rüdiger Kalupner

    Am Ende des Lieds vom königlichen Floh in Goethes Faust wird die machtpolitische Lage in Deutschland sehr gut beschrieben. Man muß nur die Gleichung kennen und anwenden:

    ' königlicher Floh = Metalltarifkartell/Rumpelstilzchen-Clan aus Siemens-IGMetall-Vorständen'.

     

    "Und die Herrn und Fraun am Hofe,/ Die waren sehr geplagt,/Die Königin und die Zofe/ Gestochen und genagt./ Und durften sie nicht knicken/ Und weg sie jucken nicht./ Wir knicken und ersticken/ Doch gleich wenn einer sticht."

     

    Das Strafverfahren "Siemens/Feldmayer + AUB-Schelsky" verhandelt e i n aufgedecktes Machtspiel der Spitze des Metalltarifkartells. Diese Spitze besteht aus Siemens-und-IGMetall-Vorständen. Der IGM-Vorstand hat natürlich im Jahr 1974 der Gründung der AUB zugestimmt. Die Journalisten blicken nur noch nicht durch. Der deutsche Kapitalinteressen-Floh hat in der IGM seine Massenbasis. Das sichert ihn gegen sein Bekanntwerden ab .... und doch kann er seinem Rumpelstilzchen-Schicksal und Ende nicht entgehen.

  • RK
    Rüdiger Kalupner

    Der Floh, von dem Frau Sassen so einprägsam und wahr spricht, ist der Wachstumszwang-Floh der Kapitalstockmaximierer, der in allen hochindustrialisierten Staaten seine existenznotwendige Arbeit verrichtet. 2% Wachstum kommt nicht durch das freie Spiel der Kräfte zusammen, sondern muß mit allen Macht- und Geist-Mitteln erzwungen werden. So hat der 2%-Wachstumszwang-Floh die Aufgabe, bei jedem neuen Wirt einen weiteren Hightech-Kapitalstock- und/oder Hightech-Konsum-Beitrag zu generieren. In den USA muß er immer nach einem neuen Wirt suchen, z.B. nach dem Militär waren die Häuslibesitzer und -bauer dran. Aber es geht auch genialer.

     

    In Deutschland ist der kreativste, ja fast-geniale aller Flohinnovationen zuhause und am Werke. Er hat den Rumpelstilchentrick drauf. Er generiert aus Dreck (= Produktionsfaktoren) Gold. Für die Kapitalbesitzer vor allem. Der Vorteil des deutschen 2%-Wachstumszwang-Floh ist: er ist fast unbekannt. Das deutsche Flohgenie muß sich nicht immer neu einkleiden und einnisten. Der deutsche Floh heißt Metalltarifkartell - geführt von IGM- und Siemens-Vorstand. Er sitzt allen Deutschen im Fell. Dort generiert er bei allen Wirtschaftseinheiten, bei Produzenten wie bei Konsumenten, immer mehr Hightech-Nachfrage auf Kosten von weniger Arbeitsstunden-Markt. Sein Steuerungstrick heißt 'strukturell steigende Bruttoarbeitskosten'. Der Produktivitätsfortschritt darf nur über steiende Bruttoarbeitskosten verteilt werden - nicht über ein energie- und sachkapitalsteuer-finanziertes Öko-Grund-/Zweiteinkommen für Jedermann. Mittels höhere Bruttoarbeitskosten werden - via betriebliche Gesamtkostenminimierung - alle Wirtschaftseinheiten gezwungen Arbeitsstunden durch Investitionen in den Kapitalstock zu ersetzen. Der Floh sitzt also allen im Fell. Mit jeder Flächentariflohn- und Lohnzusatzkosten-Erhöhung setzt er seinen Generierungarbeit von Hightech-Investitionen erfolgreich fort - bis die Hightech-Kapitalstockblase an den Finanzierungskosten der Massenarbeitslosigkeit platzen wird. Die 8%-Runde der IGM ist eine weitere Stichbohrung in den Wirtschaftskörper der Deutschen - und hinter den Wattetüren der Mitglieder des Hightech-Kapitalstockmaximierer-Clans tanzt das deutsche Rumpelstilzchen und freut sich an seiner Genialität seines Steuerungssystems - weil wir den herrschaftlichen Floh 'nicht zwicken und erdrücken' können.

  • C
    Carsten

    Das Finanzsystem liegt zur Zeit auf dem Operationstisch. Sämtliche Maßnahmen sind im Augenblick pure Rettungsversuche und lassen noch keine Tendenzen erkennen wie es im Detail weitergeht.

     

    Die große Auseinandersetzung von Kontrollsystemen, Lastenverteilungen und Machtverschiebungen finden derzeit bestenfalls im Verborgenen nicht aber in der Öffentlichkeit statt.

     

    Beschwichtigungen über das Ausmaß der Krise und die Klärung der Schuldfrage sind schnell ausgesprochen. Gier, Dummheit und eine Finanzwelt ohne Regeln werden als das Problem angesehen. Leider wird es schwer sein eine Lösung zu finden, denn der Ruf nach mehr Moral und mehr Kontrolle sagen nichts über eine zukünftige Finanzordnung aus.

     

    Die Finanzkrise wird eng mit der Globalisierung verknüpft jedoch eine echte Globalisierung ist ohne die soziale Frage (Systemkritik) zu stellen schlicht und einfach nicht möglich.

     

    Rettungsversuche, die nur einen Aderlass der Finanzwelt einklagen, damit eine Beruhigung erzielt werden kann, werden alles beim alten belassen.

    Solange Rechts-, Informations-, Bildungssysteme und die Arbeitkraft von der Finbanzwelt in Geiselhaft genommen werden können, wird sich nichts wesentliches verändern. Egal wer welche Macht hat, alle Probleme einer Gesellschaft werden zu den Ärmsten der Welt weitergereicht.

     

    Freiheit ist kein Begriff aus der Wirtschaft, sondern eine Menschheitsfrage. Die Wirtschaft/Finanzwelt kann den Menschen nur dienen, aber keine Freiheit versprechen.

  • RC
    Rudolf Carstens

    Frau Sassen versucht, für mich wenig überzeugend, die Wirrnisse eines Systems zu erklären, das sich längst als unfähig erwiesen hat, die Probleme unseres Zeitalters zu lösen. Der Kapitalismus hat immer wieder heiße Luft in die Atmosphäre geschleudert, ständig wurden Störfälle mehr oder minderen Grades gemessen - eine Finanzschmelze solchen Ausmaßes reicht aber offensichtlich immer noch nicht aus, den verblendeten Anhängern dieser Lehre die Augen zu öffnen. Kaum wurde der amerikanische Steuerzahler um 700 Milliarden Dollar geprellt, schnellten die Kurse wieder in die Höhe, und die Spekulanten machten sich umgehend auf die Suche nach neuen Finanzprodukten.

    Die Schulden der USA haben mittlerweile schwindelerregende Höhen erreicht. Die Folgen für Amerika, das nebenher noch zwei Kriege mit zusammen jährlich ebenfalls 700 Milliarden Dollar Steueraufwand zu schultern hat, sind mit größter Sorge voraussehbar und werden darüber hinaus erhebliche globale Eruptionen verursachen.

    Mit Regularien und weiteren Aufsichtskonstruktionen allein kommt man dem Übel sicher nicht bei. Es ist das System, das an den Wurzeln saniert und erneuert werden muss. Man fragt sich ohnehin, was Universitäten und Wirtschaftakademien eigentlich lehren und forschen, um in diesen Wissensgebiet die offensichtliche Evolutionsstarre aufzubrechen. Es muss endlich offen darüber gesprochen werden, dass der Kapitalismus in seiner angelsächsischen Prägung keine gottgegebene Vorgabe für das Wohlergehen der Menschheit ist. Ohne ökologische und soziale Verantwortung kann Kapitalismus nur so funktionieren, indem er die Gesellschaften weiter entsolidarisiert und gewachsene Kulturen zerstört. Das größte kapitalistische Land dieser Erde - China - gibt dafür ein besonders anschauliches Beispiel.

  • G
    glenngould

    die übersetzung tut wirklich weh. schließe mich da den kritiken an. gibts das ganz nochmal im original???

     

    und danke für die recherche zum thema mastercard. ist nen forschungszweig finanziert und im auftrag von mastercard. es gab also drittmittel-gelder zum thema. was in den staaten von dieser seite erstmal nix neues ist.

     

    http://www.mastercard.com/us/company/en/newsroom/pr_wcoc.html

  • CP
    Clara Perls

    Solche DünnbrettbohrerInnen und Maulhuren des Kapitals gehen hierzulande als Koryphäen durch.

  • TO
    Tom Outor

    Saskia Sassen arbeitet neben Ihren Professuren auch fuer die Forschungsabteilung von Mastercard Inc., die zweitgrößte Kreditkartenfirma der USA, die ihren Kunden in der gleichen Weise dabei hilft, ihren Lebensstandard auf Pump zu finanzieren, wie die anderen Institutionen, die Sassen im Interview kritisiert. Nichts gegen Jobs bei MasterCard Inc., aber dann bitte nicht in der "linke" und "kritischen" taz das Supatopcheckabunny spielen, die von außen fehlende Moral und Logik anprangert.

     

    Quellen:

    Newsweek Sep 8

    und

    www.worldbusinesschicago.com/Portals/0/Mastercard.pdf:

     

    Darin: "This report is based in part of the proprietary research, conducted on behalf of MasterCard Worldwide, by Professor Saskia Sassen"

  • WS
    Wolfgang Schmitz

    Typisches Soziologengeschwätz. Eine Mischung aus Trivialitäten und wissenschaftlich klingende Ausdrücke ohne Sinn. Ein willkürlich herausgegriffener Satz:

    Das Finanzsystem ist hochkomplex ( wer hat das gewusst) und durchaus eine kulturelle Interpretationsache (ha.ha).

    Dabei ist die Finanzkrise im Kern simpel. Es ist wie üblich eine Mischung aus Gier und Dummheit. Da wurde ein ziemlich wertloses Produkt ( faule Kredite) aufgepeppt und umverpackt und den Leuten erzählt, dass man damit Geld machen kann. Den letzten beissen die Hunde und er bleibt auf seine teuer gekauften werlosen Forderungen sitzen. Man vergleiche dazu die Tulpenspekulation in Holland um 1630 glaube ich.

    Trotzdem freundliche Grüsse

  • HE
    Herwig Engelmann

    Was Frau Sassen genau gesagt hat, kann man nach dieser miserablen Übersetzung und Bearbeitung des Interviews kaum beurteilen ("imperfektes Wissen"). Auch größte Eile entschuldigt so ein Geschluder nicht.

  • K
    Klaus-Jürgen

    Danke für das Interview. Die Sicht, das die Schulden den Wert für das Finanzsystem darstellen, ist für mein Verständniss eine wesentliche Erklärung. Und mit diesem Wissen wird vieles Verständlich. Es öffnet sich quasi eine neue Dimension. Es ist doch sehr verwirrend, das man Geld kaufen und handlen kann, genauso wie die Abwesenheit von Geld (Schulden). Diese Verwirrung wird meisterhaft auf die Spitze getrieben (man kann von des Kaisers neuem Finanzsystem sprechen). Jeder macht mit, keiner hat Ahnung und der Betrogene ist am Ende, wer es (vieleicht auch nur teilweise) geglaubt hat.

    Danke noch mal an Fr. Sassen

  • R
    roman

    Irgendwie finde ich das Interview schlecht lesbar. Ist das übersetzt worden? So gut ist das Deutsch von Saskia Sassen aus meiner Erfahrung ja nicht.

  • G
    georg

    Das Problem der Geldschöpfung durch Banken wird hier nicht angegangen.

  • HW
    Harald Wenk

    Ich finde, wie Frau Sassen, dafür das der Finanzmarkt sehr sehr viele Leute betrifft, ist er tatsächlich viel zu undurchschaubar kompliziert – und wirklich unberechenbar. Da die Banken, Ratingagenturen und Investmentfirmen, die verloren haben, sehr gute Profis beschäftigen und mit Sicherheit nicht verlieren wollten, ist das unbezweifelbar.

    Da ist, wie Geld selbst, „Reduktion der Komplexität“ (Luhmann) zum Erhalt der sozialen

    (Geld ist verdeckte Sozialbeziehung) Funktionstüchtigkeit angesagt.

    „Zauberlehrlingstrukturen“ haben wir wirklich übergenug in der Kultur.

    Und wie haben „genug davon“ (Vulgus „Die Schnauze voll“).

    Vielen Dank Frau Sassen – Erklärung mit Abhilfe – was will man mehr.

  • P
    phinou

    Rechtschreibfehler:

     

    Algorithmen, nicht "Algorhytmen".

     

    [und sonst? Gibt es noch mehr?

     

    Ja. Der zweite Punkt ist, Distanz zwischen den Akteuren zu schaffen, und der dritte Punkt ist die Gesetzgebung. Die Gesetzgeber müssen einfach mal ihre Hausaufgaben machen. Die halten zum Finanzsystem Abstand. Das ist ihnen zu kompliziert, damit möchten sie nichts zu tun haben. Aber sie müssen. Sie müssen ja nicht alle A l g o r h y t m e n verstehen, ]