: Sarrazins gezinkte Karten
betr.: „Säbelrasseln gegen Sarrazin“, „Sichere Basis für Wissenschaft?“, taz-Kommentare vom 24. 4. 03 und 27. 5. 03 und weitere Berichte zur Bildungs- und Wissenschaftspolitik
Seit längerem ärgere ich mich über eure Beiträge, die Bildungs- und Wissenschaftspolitik Berlins betreffend. […] Wenn man als Uni-Angehöriger (und davon gibt’s ja in Berlin nicht wenige, mit den Studierenden dürften es etwa 150.000 sein, mögliche Abonnenten massenhaft darunter) über dieses Thema informiert sein will, muss man leider den Tagesspiegel haben. In der Auseinandersetzung um die Finanzierung der Berliner Hochschulen, die in den letzten Wochen Gott sei Dank heftig geworden ist, hat die taz sich in der Regel durch oberflächliche, uninformierte oder sogar tendenziell dümmliche Beiträge ausgezeichnet. […]
Am 27. 5. kam wieder so ein läppischer Kommentar. Nun sollten sich die Uni-Präsidenten wieder beruhigen, so schlimm werde es ja großzügigerweise nicht, die zusätzlichen Sparauflagen seien doch nicht mehr so wild … Noch dümmlicher am 24. 4., als die Unis sich entschlossen hatten, den flächendeckenden NC oder Aufnahmestopp anzukündigen: „Wenn schon sparen, dann bei den Studenten“ – diesen Satz in der taz zu lesen angesichts der Reduzierung zum Beispiel an der TU von 650 auf rund 330 Professuren und des Mittelbaus auf weniger als 2/3 seit 1993 verdirbt einem schon mal das Frühstück. Da muss man im Tagesspiegel vom gleichen Tag nachlesen, dass diese Uni längst den Anschluss an Aachen, München etc. verloren hat bezüglich der Ausstattung (alles inzwischen bequem nachzulesen in der TU-Homepage).
Dass Sarrazin bei seinen Vergleichen auch deswegen ständig mit gezinkten Karten spielt, weil wir zum Beispiel die Pensionen der Hochschullehrer aus unserem Haushalt zahlen, das gesamte Personal oder den Baubereich selbst verwalten (in den anderen Ländern nicht); dass er „relevante“ von „irrelevanten“ Fächern unterscheidet (die DDR und ihre Bildungsplanung lässt grüßen!); dass er beim Vergleich Uni–Fachhochschulen (Letztere kosteten nur 1/3 in der Lehre) unterschlägt, dass die Unis neben der Lehre forschen und wissenschaftlichen Nachwuchs ausbilden (Promotionen) – alles kein Thema für die taz.
Seit Jahren strukturieren wir wie die Blöden um, um die ständige Sparerei nicht auf dem Rücken der Studierenden auszutragen und weiter möglichst viele aufnehmen zu können, was dann auch rabiat auf Kosten des Mittelbaus geht – die taz ruft am 24. 4. nach dem Zwang des Gesetzes und freut sich über den „langen Atem“ von Wowereit bei der Zerstörung des Berliner Wissenschaftsbetriebes. Da ich weder mein Abo kündigen will noch Lust habe, mir eine „Zweitzeitung“ anzuschaffen, würde ich wirklich gerne in dieser Frage mehr und qualifiziertere Beiträge in der taz lesen – so schwierig kann das doch nicht sein! WOLFGANG NEEF, Berlin