Sarrazins Hartz-IV-Tipps: Bekenntnisse eines Duschdarwinisten
Der Berliner Exsenator Thilo Sarrazin provoziert mal wieder mit Empfehlungen für Hartz-IV-Empfänger. Dabei will er doch nur Aufmerksamkeit.
Knapp sechs Monate sind seit Thilo Sarrazins (SPD) Skandalinterview in der Zeitschrift Lettre International vergangen. Jetzt meldet sich der frühere Berliner Finanzsenator mit neuen Empfehlungen für Hartz-IV-Empfänger zurück.
Luxus sei nicht angesagt bei Hartz IV, sagte er der Süddeutschen Zeitung. Und: "Kalt duschen ist doch eh viel gesünder. Ein Warmduscher ist noch nie weit gekommen im Leben". Die Aussagen erinnern an Sätze aus früheren Zeiten, als er empfahl, sich einen dicken Pulli anzuziehen, wenn die Heizkosten zu hoch seien. Es folgten Diffamierungen von Migranten, dies bereits in seiner Funktion als Bundesbankvorstand. Axel Weber, Präsident der Bundesbank, hatte sich daraufhin öffentlich von Sarrazin distanziert, doch der weigerte sich zurückzutreten. Zu den aktuellen Aussagen wollte sich die Bundesbank auf Anfrage der taz nicht äußern.
In seiner Partei wollen viele Sarrazin loswerden. Seine Aussagen über "kleine Kopftuchmädchen" wurden in einem von der SPD in Auftrag gegebenen Gutachten als rassistisch eingestuft. Gestern beriet die Landesschiedkommission der Berliner SPD, ob Sarrazin sein Parteibuch abgeben muss. Eine Entscheidung fällt in spätestens drei Wochen. Seine neuesten Äußerungen dürften jedenfalls nicht dazu beitragen, die Schiedskommission zu besänftigen.
Für Christian Schneider, Soziologe und Forschungsanalytiker in Frankfurt, sind Sarrazins wiederholte Provokationen Zeichen eines "großformatigen Zynikers, der Aufmerksamkeit haben will und sich geradezu zwanghaft gegen Political Correctness abgrenzen muss". Trotzdem treffe er bei der schweigenden Mehrheit damit ins Schwarze. "Ähnlich wie Oscar Lafontaine und Guido Westerwelle spricht er numerisch bedeutenden Gruppen aus dem Herzen, wenn auch aus einer anderen Richtung." Auf jeden Fall eine neue Polemik in der aktuellen Hartz-IV-Debatte.
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