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Archiv-Artikel

tempodrom Sarrazin im Sommerloch

Bei Finanzsenator Thilo Sarrazin steht der Staatsanwalt vor der Tür. Untreue – wie auch bei Exsenator und Parteifreund Peter Strieder – lautet der nicht geringe Anklagevorwurf. Eine Summe von 1,5 Millionen Euro für das Tempodrom soll Sarrazin rechtswidrig mitverantwortet haben. Kein kleiner Fisch im politischen Geschäft.

KOMMENTAR VON ROLF LAUTENSCHLÄGER

Dass der Finanzsenator kalkulieren kann, hat er in der Vergangenheit bewiesen. Jetzt sind für ihn politische Rechenkünste angesagt, die sein Überleben im Amt betreffen. Denn Sarrazin steht nicht nur wegen des Tempodroms in der Kritik. Auch bei der BVG-Affäre wird ihm vorgeworfen, für überhöhte Zahlungen an Manager mitverantwortlich zu sein. Zudem droht das Sommerloch, in dem solch ein Fauxpas von Opposition und Medien genüsslich ausgeweidet werden wird.

Klar ist, dass es eng für den Finanzsenator wird. Die Heckenschützen indessen kommen – wie im Falle Peter Strieder – diesmal nicht aus dem Senat oder der eigenen Partei. Bei Wowereit und den Kollegen ist Sarrazin zwar nicht beliebt, gehört es doch zum seinem Job, dies nicht zu sein. Vielmehr hat sich der Regierende im Vorfeld der Affäre vor seinen fachlich geschätzten Senatskollegen gestellt. Auch in der SPD-Zentrale ist niemand über die Maßen sauer auf Sarrazin, hat er doch keine Parteileichen im Keller.

Zur Sollbruchstelle für den Finanzsenator könnten stattdessen sein rigider Stil und die unbedingte Moral in Sachen öffentlicher Gelder werden. Sagt jetzt der Staatsanwalt, dass Sarrazin gefehlt hat, droht ihm das ganze Gewicht eigener Ansprüche auf die Füße zu fallen. Zwar gilt bis zum Beweis des Gegenteils im Rechtsstaat noch immer die Unschuldsvermutung. Nicht aber vor der öffentlichen Moral. Im Falle Klimmt (Saarbrücken) hat die öffentliche Meinung auch nicht Fünfe gerade sein lassen. Wer verzichtet heute schon darauf, wenn es Politiker erwischt?