piwik no script img

SanssouciVorschlag

■ „The Leader, his Driver and the Driver's Wife“

Der britische Dokumentarfilmer Nick Broomfield will ein Interview filmen, doch das Interview findet nicht statt. Den Film gibt es trotzdem, und er zeigt ganz einfach im Sinne des cinema direct, wie das Gespräch eben nicht zustande kommt.

Der Südafrikaner Eugene Terreblanche, „Führer“ einer rechtsextremistischen, burisch-religiösen Bewegung, sagt das Gespräch immer wieder ab, ziert sich, hält hin, droht. Die Annäherungsversuche Broomfields und seines Kameramannes sind unangenehm aufdringlich, und der Burenführer zeigt sich zunehmend aggressiv. Doch die Dreistigkeit der beiden Briten hat Grenzen. Denn filmende Journalisten leben in Südafrika gefährlich. Die Briten bleiben vorsichtig, drehen ihre Kamera zu Boden oder schalten sie gleich aus. Unter Terreblanches Aufsicht wird zum Radetzkymarsch marschiert, und im familiären Miteinander absolviert man Schießübungen. Das nationalsozialistische Hakenkreuz an den Uniformen ist lediglich geringfügig abgewandelt.

Nur ein einziges Mal läßt sich der militante Bure zu einer Aussage hinreißen: „Wir werden niemals den ANC in der Regierung akzeptieren. Wenn es soweit kommt, dann werden wir den Krieg beginnen.“ Aber auf den „Führer“ Terreblanche kommt es Broomfield auch gar nicht unmittelbar an. Viel aufschlußreicher sind die Gespräche mit dem Fahrer Meyer, dem Chauffeur des militanten Rassisten. Er gehört zu denen, die immer dabeisitzen, ist einer jener notwendigen Handlanger, die jedes rassistische System benötigt.

Meyer ist nicht einmal unsympathisch. Und Broomfield läßt ihn ausführlich in die Kamera sprechen. Die rassistischen Erklärungsmuster sind alt: „Die Weißen arbeiten, und die Schwarzen singen auf der Straße. Kein Weißer hat Zeit, auf der Straße zu singen“, empört sich Meyer unter anderem – ganz bequem aus seinem Gartenstuhl. Die Antifreiheitsbewegung AWB gibt sich militant, und die hetzerischen Reden des „Führers“ klingen genauso lächerlich wie die des Charlie Chaplin in „Der große Diktator“. Doch gleichzeitig enthüllt Broomfield auch naive Hilflosigkeit. Fast schadenfroh verfolgt die Kamera beim jährlichen AWB-Fest die ungeschickten Tanzbewegungen der Rassisten- Paare. Ganz im internationalen Outfit hopsen sie zu Bruce Springsteen („This gun's for hire“). Broomfields besondere Leistung besteht darin, daß er auf jeglichen Kommentar verzichtet. Die Personen vor der Kamera sprechen für sich. Wer den Rassismus in ihren Worten nicht bemerkt, dem helfen auch keine belehrenden Prädikate im Off: „Vorsicht, ein Rassist“. Nathalie Wozniak

„The Leader, his Driver and the Driver's Wife“ ab morgen (3. bis 9.12.), 19 Uhr im Sputnik Südstern.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen