Sanssouci: Vorschlag
■ Assassins of God im KOB
Hardcore war die Antwort auf den weitverbreiteten Vorwurf, daß Punkrock nur langweiliges Geschrammel meist technisch unterbelichteter Möchtegernmusikanten sei. Hardcore-Bands entdeckten für sich alle möglichen anderen Spielarten, ein paar gar den Jazz. Dies passierte nun nicht gerade, weil die Musikschaffenden der Meinung waren, daß man sich kollektiv gegen diesen Vorwurf wehren müßte, sondern schlicht deswegen, weil jeder mal sein Instrument besser beherrscht, wenn er es nur lange genug in Händen hält.
Die Assassins of God sind Aushängeschild einer wild untereinander die Instrumentebediener tauschenden Szene in San Francisco. Durch das Spielen dort und hier entsteht zwar ein relativ homogener Sound, der allerdings durch die intern angelegte Abwechslung seine Grenzen beständig ausweitet. Die Assassins stehen nicht besser oder schlechter für diesen Sound als zum Beispiel Sabot. Die Bandnamen mögen wechseln, die Personen bleiben oft dieselben. Die Möglichkeiten, in den USA Platten zu veröffentlichen, sind allerdings inzwischen so eingeschränkt, daß die Assassins auf dem Berliner Label „Bonzen Records“ herauskommen. Es gibt nur wenige Bands, die den Hardcore bisher so ausweiteten. Von langsamen Gitarrenballaden über stampfenden Metal bis zu hyperventilierenden Jazzpunk-Stompern spielen sie alles, und das meist auch noch in einem Stück. Das mag zwar anstrengend sein, aber weitet die Horizonte ungemein. Dies liegt nicht zuletzt auch daran, daß die Assassins bewußt die ethnischen Gruppen in ihrer Heimatstadt wahrnehmen und nicht nur Metal hören, „sondern auch Jazz und klassische Musik, das alte Beat-Zeugs, Musik aus Afrika oder Bali“ (Gitarrist Kenny Kearny in einem Interview mit Skug). Nun hört man nicht explizit balinesische Musik aus ihren Platten heraus, aber ihre Songs sind so offen, daß die Assoziationsfreudigen gut zu tun haben sollten.
Wenn also jemand immer noch behauptet, daß ihm Hardcore viel zu lärmig und eh zu primitiv ist, schleppe ihn zu den Assassins of God. Vielleicht meint er dann, das sei gar kein Hardcore mehr und hätte tatsächlich nicht so unrecht damit. Thomas Winkler
Heute um 22 Uhr im K.O.B., Potsdamer Straße 157, Schöneberg
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