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SanssouciVorschlag

■ Die Ned's Atomic Dustbin im Loft

In Westdeutschland erarbeiten Journalisten derzeit soziologische Abhandlungen über das Phänomen auf Konzerten zur Schau getragener T-Shirts. Sicher wird darin auch die Frage erörtert werden, warum manche junge Menschen ein Hemd mit dem Aufdruck der Band tragen, die gerade spielt, andere jedoch bewußt das T-Shirt einer konkurrierenden Gruppe übergeworfen haben. Ein Interview mit den Ned's Atomic Dustbin könnte vielleicht Auskunft geben. Das britische Quintett zählt in seiner Branche zu den führenden Vermarktern textiler Etikettierung. Allein 64 Designs, so teilt die Plattenfirma Sony mit, sollen die Dustbins in den letzten beiden Jahren entworfen und unter ihre Fans gebracht haben.

T-Shirts sind Labels. Doch die Gesinnungssignale relativieren sich in der Menge vor der Bühne von selbst: Hier ergänzen sich die baumwollenen Muster nur noch zu Patterns, zum Spiel mit Formen und Formeln. Die kleidsame Promotionsarbeit der Dustbins korrespondiert somit vortrefflich mit ihrer Musik, mit einem Gemenge musikalischer Schnittvorlagen, das bei dem dichten Zusammenspiel von Schlagzeug und den beiden Bässen eine Benennung seiner Elemente kaum zulassen will. Die Instrumente und selbst der Gesang von John klingen zunächst bloß wie bereits gehört, ob nun bei den Happy Mondays, bei den New Fast Automatic Daffodils oder ob bei einer der Bands, die Englands Musikgeschichte des vergangenen Jahrzehnts prägten.

Auch die Biographie der Dustbins spielt mit den Versatzstücken des Musikbusiness und kann zu Verwechslungen führen. So zählen sie wie die New Fads zu jenen Collegebands, die in den Charts stracks nach oben kletterten, um von der Musikpresse gründlich abgehandelt zu werden, und wie jene zeigen sie sich gern als nette Jungs aus der Nachbarschaft. Anders als die Fads jedoch verzichten die Dustbins auf den Anspruch, mit Intellektualismen auf die Bruchstellen einer überreizten Rezessionsgesellschaft hinzuweisen. Die aktuelle Platte „Are you normal“ bemüht noch mehr Formeln als „God Fodder“, ihr Treffer von 1991. Die kleinen Geschichten von damals, die resignierten Anweisungen fürs soziale Leben und die Beschreibung diffuser Gemütszustände haben die Dustbins im gebremsten Allegro verschachtelter Rhythmen zu abstrakten Sätzen verdichtet. Jede Aussage blitzt nur noch auf wie die bunten Piktogramme ihres Covers, schnell und beliebig übertragbar auf diese oder jene Situation. Claudia Wahjudi

Im Loft, Nollendorfplatz, 1-30: 20.30 Uhr

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