piwik no script img

SanssouciVorschlag

■ Der Pianist Gonzalo Rubalcaba

Der Ruf des Genius geht ihm voraus. Wäre das nicht so, das New Yorker Debüt Gonzalo Rubalcabas aus dem sozialistischen Kuba vor wenigen Wochen wäre wohl dem US-Embargo zum Opfer gefallen. So aber konnte die US-Presse den Jazz-Pianisten in den höchsten Tönen loben. Dizzy Gillespie, so schrieb die Newsday, habe sicher zufrieden von seiner Wolke aus beobachtet, wie der junge Pianist, dem er Starthilfe gegeben hatte, das New Yorker Publikum zum Rasen brachte.

Gonzalo Rubalcaba ist die Superlative wert. Der dreißigjährige beherrscht sein Instrument wie kaum ein anderer, und nicht nur Freunde seines atemberaubenden Fast-Fingering zeigen sich beeindruckt. Alte Standards wie „Giant Steps“ von John Coltrane oder „Well You Need n't“ von Thelonius Monk werden in seinen Händen neue, eigenständige Kunstwerke. Immer wieder wird sein „kubanisches Blut“, sein „karibisches Feuer“ herbeizitiert, um die explosive Spannung seiner Interpretationen zu erklären.

Sicher, sein dynamischer Anschlag, sein Rhythmusgefühl mögen etwas mit seiner kubanischen Herkunft zu tun haben, ebenso wie die Harmonien und die Geschichten, die er in Eigenkompositionen wie „Prologo Comienzo“ oder „Joao“ erzählt. Aber Rubalcaba ist vor allem ein brillanter Jazz-Pianist, dem der folkloristische Beigeschmack solcher Adjektive nicht gerecht wird.

1986 lernte er beim Plaza-Festival in Havanna den Bassisten Charlie Haden kennen. Ob nun „innige Freundschaft“, wie die „Jazz in July“-Veranstalter schreiben, oder nicht, jedenfalls lud Charlie Haden den Kubaner 1989 ein, mit ihm auf dem Jazz-Fest in Montreal aufzutreten. Rubalcaba bedankte sich artig, kam – und spielte Haden an die Wand. Der rückte die Herrschaftsverhältnisse wieder zurecht, indem er dafür sorgte, daß die aus dem Auftritt entstandene Platte den Titel „Discovery“ trug – und verewigte sich selbst im Cover als „Entdecker“ Rubalcabas.

Immerhin hat es Haden wohl geschafft, daß sein Name mit Rubalcaba verbunden bleibt: Im Programmheft von „Jazz in July“ wird prompt auch die 91'er Platte Rubalcabas mit Charlie Haden am Baß versehen. Nur: Auf „Images“ spielt John Patitucci die tiefen Töne. Und wenn dieser – international wahrhaft auch kein Unbekannter – es vorzieht, bei der Hälfte der Stücke seinen sechssaitigen Baß in die Ecke zu stellen und dem Spiel Rubalcabas lieber zuzuhören, spätestens dann ist klar, daß hier ein Pianist seine Karriere beginnt, der Großes vorhat. Nicht umsonst ist Rubalcaba in Japan zum „Künstler des Jahres 1992“ gekrönt worden.

In Berlin präsentiert sich Rubalcaba mit seiner kubanischen Stammbesetzung, Reynaldo Melian (Trompete), Felipe Cabrera (Baß) und Jul Barreto am Schlagzeug. Die großen Namen braucht er nicht mehr, ein Großer ist er längst selber. Bernd Pickert

Heute abend, 22.00 Uhr, Quasimodo, Kantstraße 12a, Charlottenburg

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen