Sanssouci: Vorschlag
■ Cypress Hill im Loft
Cypress Hill aus Los Angeles ist eine weiße Band. Keine sehr aufregende Information, aber Cypress Hill machen HipHop und fabrizierten 1991 eine Platte, die das Jahr darauf als eine der besten und – aus etwas unerfindlichen Gründen – innovativsten HipHop-Platten galt: Fett und funky schleppen sich auf der gleichnamigen Platte die Beats dahin, und mit nasaler Stimme werden nölig und leicht gelangweilt die lyrics vorgetragen. Noch interessanter ist aber, daß Cypress Hill als weiße HipHopper ziemliche Glaubwürdigkeit genießen, die von Herkunft und Farbe völlig losgelöst ist und ihnen von schwarzer Seite Gewährenlassen und auch Anerkennung gebracht hat. Verglichen mit dem Aufschrei, den die weiße HipHop-Formation 3rd Bass verursachte, die gerade wegen ihrer „Echtheit“ und Integrität tief in schwarze street- und HipHop-Kulturen einbrachen, war die Reaktion auf Cypress Hill geradezu respektvoll und anerkennend. Das mag daran liegen, daß DJ Muggs, B-Real und Sen Dog sich nicht auf politisch korrekten Verlautbarungs- und Aufklärerschienen bewegen, sondern ein relativ seperates Spaßding fahren, das sie mit offensivem Kiffertum koppeln und sich als Verfechter eines freizügigen Marihuana-Konsums bekennen. Logisch, daß eine sogenannte National Organization for the Reform of Marijuana Laws durch Cypress Hill Unterstützung erhält.
Als Vorreiter und Blitzableiter beeinflußten sie in dieser Hinsicht auch eine Reihe von Leuten aus der black community und man diskutierte daraufhin so weltbewegende Dinge wie das Herstellen eines blunts, ein Joint, der in Zigarettenaußenblättern gedreht wird. Auch auf ihrem zweiten Album sind Cypress Hill auf dem Shit-Trip: „Legalize It“, ist eine unmißverständliche Aufforderung, „Insane In The Brain“ die humorig-zynische Antwort an alle Drogengegner und mit „I Want To Get High“ wird der Vater aller Wünsche beschworen, alles in einem sehr ausgeruhten und zurückgelehnten musikalischen Kontext.
Cypress Hill sind ein gelungener Beweis dafür, daß HipHop nicht nur black culture sein muß – in Underground-Zusammenhängen, versteht sich. Und wenn man HipHop als Ausdruck von Arbeitslosen- und Hoffnungslosenkultur betrachtet, ist er sowieso schon längere Zeit auch Sache von latinos, hispanics und anderen. Bleibt die Botschaft dann beim „kicken von shit“, kann auch das weiße Mittelstandskind, fernab von five-percenter-Ideologien, black rasiscm und Sexismen aller Art, sich breit und zugedröhnt, cool und ohne zu schlucken den Beats und der Musik hingeben. Gerrit Bartels
Cypress Hill und Funkdoobiest heute abend ab 20.30 Uhr im Loft, Nollendorfplatz, Schöneberg.
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