Sanssouci: Nachschlag
■ Holly Jane Rahlens' One-Woman-Show im Gripsbogen
Was ist eine jüdische Amerikanerin? Es gibt mehrere Möglichkeiten, in die scheinbar unergründliche Tiefe dieser Materie einzudringen. Durch Literatur, Filme – oder aber einen Besuch bei Holly Jane Rahlens. Die gebürtige New Yorkerin ist eine Expertin in Sachen One-Woman-Show und zeigt derzeit ihre neueste Produktion im Gripsbogen. Ausgehend von ihrer Kurzgeschichte „Prince Charles, Melvin Minski & Me“ bietet sie einen zweistündigen Spaziergang durch das jüdische Amerika aus der Sicht jüdisch-amerikanischer Schriftstellerinnen. „Hi, ich bin Holly, eine Jüdin aus Amerika, und möchte euch zeigen, was das bedeutet.“
Ob Lustiges von Cynthia Heimel, Nachdenkliches von Grace Paley, Belehrendes von Fran Lebowitz oder die Geschichten von Nora Ephron – in einer Inszenierung von Beate Haeckl rezitiert Rahlens anspruchsvoll und witzig Impressionen ihrer Kolleginnen zum Thema. Schnell verwandelt sie sich von der Jewish American Princess mit ihren „Long Island Allüren“ zur Überlebenden aus Helen Epsteins „Children of the Holocaust“. Die vorgestellten Mosaiksteinchen bilden jedoch ein für deutsche Bühnen ungewohntes Bild vom Juden. Nicht das Opfer, eine für amerikanische Juden ungewohnte Rolle, sondern die „Angehörige einer ethnischen Gruppe“ verkörpert sie: „Viele Deutsche verstehen nicht, daß das für mich keine religiöse Zusammengehörigkeit bedeutet.“ So spielt Rahlens ihre One-Woman-Show zunächst im Rahmen der Jüdischen Kulturtage. Eine Verlängerung sei jedoch nicht ausgeschlossen, sagt sie später. Der Applaus gibt ihr recht: Das Publikum ist verrückt nach der Amerikanerin, die es versteht, auch die anrüchigen Zeilen aus Erica Jongs „Fear of Flying“ witzig in ihre Show einzubauen.
Ihre Art der literarisch-theatralischen Collage eigenen und fremden Materials war in der Berliner Off-Theaterszene bereits in den letzten Jahren erfolgreich. Nach ihrer ersten One-Woman-Show „Night out with Dottie“ (1987), in der sie Dorothy Parker vorstellte, folgte die autobiographisch gefärbte Komödie „New York – Neukölln or Germany in 6233 1/2 Days“. Alle Vorstellungen sind in ihrer Muttersprache – ein Bedürfnis nach langjähriger Arbeit beim deutschsprachigen Rias. Die Wahlberlinerin ist seit 21 Jahren in der Stadt und arbeitet – trotz ihrer Liebe zur Fiktion – auch journalistisch. Die sicher auch dabei gewonnene Menschenkenntnis hat sich sichtbar auf ihr Showtalent ausgewirkt. Sabrine Goldemann
„Prince Charles, Melvin Minski & Me“, eine literarische Revue von und mit Holly Jane Rahlens. Weitere Aufführungen: 24., 25., 27., 28. November, jeweils 20.30 Uhr, 24. bis 26. 11. auch 11 Uhr, Gripsbogen des Gripstheaters, Altonaer Straße 22, Tiergarten.
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