Sanssouci: Vorschlag
■ Redd Kross im Loft
Klarer Fall von Fanwahnsinn und deshalb ziemlich klasse: So wie sich das freundliche, aber harmlose Chamäleon – und das tut es ja durchaus erfolgreich – in einem tarnfarbenen Paralleluniversum zur bösartig-gefährlichen Welt da draußen bewegt, so in etwa musizieren Redd Kross am Rande von allem und jedem Rock 'n' Roll. Psychedelisch, glamourös, trashig und heavy, aber hallo. Dabei weiß das Quintett aus Hawthorne, L.A. natürlich ganz genau, an was für mumienhaften Gestalten es sich songwritertechnisch abarbeitet. Die ersten Vorbilder der damals 10- bzw. 13jährigen Brüder Jeff und Steven McDonald hießen dem Teenspirit of '76 entsprechend Runaways, Partridge Family, Kiss und Beatles. Dann kam Punk, aber das hatte mehr die Wirkung von einem musikalischen Durchlauferhitzer: „Eigentlich war Ende der Siebziger alles irgendwie Surfpunk. Lustigerweise konnten sich Queen- und Sparks-Fans auf dieser Ebene mit Hippies einigen“, erinnert sich der erst 23 Jahre junge Sänger/Gitarrist Jeff an die Aufbruchstimmung im Mischmasch-Meltingpot.
Stillos wie Teenies eben sind, schlingerten Redd Kross in der Folgezeit zwischen eigenem Sixties-Garagenbeat, Schrammelpunk, Pseudo-Hardrock und peinlichen Lieblingsliedern hin und her: Auf ihrer zweiten LP „Teen Babes From Monsanto“ verhackstückten sie neben Stooges und Shangri-Las den selbst schon gnadenlosen Kiss-Stomper „Deuce“ – die Bubblegum-Variante des Heavy Metal. Irgendein überdrehter Hollywood- B-Filmer fand Gefallen an dem Revival-Geeiere der für ihr zartes Alter unverschämt gut, weil androgyn aussehenden, fummelbekleideten McDonald-Geschwister und ließ sie in einer Seventies-Schmonzette Seite an Seite mit David Cassidy spielen (der mit den Grübchen und dem nach innen gefönten Pony-Schnitt). Gleichzeitig interessierten sich aber auch illustre Indie-Profis wie Kim Gordon und Thurston Moore von Sonic Youth oder die schlafmützigen Teenage Fanclub für eine Zusammenarbeit mit den Allesverwertern – und die Industrie, der gerade das große Grunge-Ding mit Nirvana gelungen war. Redd Kross kamen bei Phonogram unter Vertrag, wo sie im vergangenen Jahr „Phaseshifter“ veröffentlichten. Dem LP-Titel zugeneigt, sausen binnen fünfzig Minuten die Epochen von kindlichem Gemüts-Pop bis zu frühgreisenhafter Schlapplach-Mucke vorbei, nach dem nächstbesten Break winken dann wieder die Beatles mit „Revolver“- Harmonien oder ein Schokoladensolo auf der Gitarre. Wer möchte, kann auch The Sweet heraushören und sich seinen Kessel Buntes dazudenken. Wie sagte Spexens Sebastian Zabel über Redd Kross so schön: „Satt, Mann, satt!“ Harald Fricke
Redd Kross, ab 20.30 Uhr im Loft, Nollendorfplatz 5, Schöneberg.
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