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■ „... und das Leben geht weiter“ im Broadway-Kino als Benefiz

Zwei Mainstream-Spielfilme aus den USA zum Thema Aids kommen im Februar in die Kinos: „... und das Leben geht weiter“, eine TV-Produktion des Network HBO, und „Philadelphia“, der erste Hollywood-Film aus einem Major-Studio (Columbia-TriStar), der sich mit der Immunschwächekrankheit auseinandersetzt.

„... und das Leben geht weiter“ schildert die Geschichte eines Staatsverbrechens. 25.000 Menschen mußten sterben, bis der amerikanische Präsident Ronald Reagan seine erste Rede über Aids hielt. „Silence = Death“: Die erste US-Regierung ignorierte die Krankheit, die nur Schwule zu betreffen schien (und anfangs noch „Schwulenkrebs“ hieß), solange es ging. Gelder für Forschung, Behandlung und Prävention wurden kaum zur Verfügung gestellt. Gegen die tödliche Politik der Regierung und der Pharmaindustrie organisierte die militante Schwulenbewegung Act Up (Aids Coalition to Unleash Power) ihren Gegen- „Krieg“. Diese Interessenskämpfe stehen nicht im Mittelpunkt des Films; vorwärtsgetrieben wird er vielmehr mit dem Forscherrennen um die Entdeckung der Ursache von Aids – die politischen Implikationen der Krankheiten werden aber angedeutet, so gut das in einem TV-Drama geht.

„... und das Leben geht weiter“ basiert auf dem Buch „And the Band Played On“ des schwulen US-Journalisten Randy Shilts, der bereits 1986 die Geschichte der Krankheit aufgeschrieben hatte. Obwohl bereits kurz nach dem Erscheinen Drehbücher vorlagen, vergingen neun Jahre, bis sich genug Hollywood-Stars trauten, in einem Aids-Film mitzuspielen. Erst nachdem Richard Gere seine Bereitschaft erklärt hatte, kamen auch andere wie Steve Martin, Anjelica Huston oder Matthew Modine. Regisseur Roger Spottiswoodes fast zweieinhalb Stunden langer Film umfaßt die Zeit vom ersten Auftauchen der unbekannten Immunschwäche bei einer dänischen Ärztin 1976 über die Debatte um die Schließung der Schwulen-Saunen in San Francisco bis zu den Quilt-Aktionen Ende der achtziger Jahre in Washington.

Das kommt seifenopernhaft und schulfunkmäßig daher, alle Wendepunkte und Schlüsselszenen der Aids-Krise werden ebenso abgehakt wie Fachtermini und Diskriminierungs-Klischees. Und am unteren Bildrand werden die Todeszahlen eingeblendet. Aufklärende Erinnerungsarbeit, die auch der kitschige Plot um den Virusforscher Don Francis (Matthew Modine), einen sauber-sympathischen Hetero, nicht zunichtemachen kann. „Dieser Film zeigt, wie schnell die Welt vergißt, wie schnell sie sich an eine in den meisten Fällen tödlich verlaufende Krankheit gewöhnen kann, wenn es nur die ,Richtigen‘ trifft“, schreibt das Schwulenmagazin Magnus. In Zusammenarbeit mit dem Filmverleih „Impuls“ veranstaltet Magnus Benefiz-Previews in Berlin, München und Hamburg, die Aids-Selbsthilfe-Projekten zugutekommt. Die Berliner Preview ist heute abend. Die Einnahmen aus dem Kartenverkauf fließen in voller Höhe an das Pflege- Projekt HIV e.V., das bei der Veranstaltung auch vorgestellt wird. Hans-Hermann Kotte

Heute, 22.30 Uhr, Broadway-Kino, Tauentzienstraße 8, Charlottenburg, Eintritt 15 DM.

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