Sanssouci: Vorschlag
■ The Killer Shrews und Dead Moon im Huxley's Junior
Gary Lucas hat mal bei Captain Beefheart Gitarre gespielt. Das ist lange her, aber die Tatsache begleitet ihn wie ein Fluch, weil jeder von dem guten Gary einen Hauch der Genialität des inzwischen nur noch malenden Captain erwartet – als wäre Genialität ansteckend. Zwar gab er sich all die Jahre Mühe, mehr als nur hausbackenen Rock zu machen, aber erst mit The Killer Shrews funktionieren seine Bemühungen. Für dieses Projekt holte sich Lucas als Mitspieler hübsch quotiert jeweils eine amerikanische und eine britische Postpunk-Legende: Jon Langford von den Mekons und Tony Maimone von Père Ubu. Zu dritt entdeckten sie das Wohnzimmer von Lucas, wo sie einen Song für dessen letzte Solo-LP mit Hilfe ausgereifter Kassettenrecordertechnik aufnahmen, und dann die Garage. Denn obwohl sie in einem herkömmlichen Studio verwirklicht wurde, schmeckt die Debüt-Platte des Trios nach ölgetränkter Erde, nach Inspiration durch Suff und Männerfreundschaft. Das zeigt sich vor allem in einem Song wie „Hank Williams Must Die“, wo der Country so unbeholfen zerpflückt wird, als ob die drei tatsächlich mit Aufnahme- und Spieltechniken zu kämpfen hätten. Egal was The Killer Shrews spielen, ob Rock, Blues oder Schmalzballaden — alles ist fragmentarisch gemeint und wird zu so etwas wie Meta- Rock. Das ist ein ruhmreiches Ansinnen, das solch gestandenen Musikanten natürlich gut ansteht.
Noch mal Wohnzimmer, noch mal Garage. Auch das Ehepaar Cole pflegte in den eigenen vier Wänden aufzunehmen. Fred an der Gitarre, Toody am Bass und Hausfreund Andrew Loomis am Schlagwerk sind die letzte real existierende und trotzdem noch lebendige 60's Garagenband, die konsequent moderne Aufnahmetechniken ablehnt. Auf früheren Platten prangte dick und stolz das Qualitätsmerkmal „Mono“. Seit den 60ern schreibt und spielt Fred Cole immer dieselben Songs, nur manchmal gibt er ihnen neue Namen. Er und seine Band sind so eine Art Steinzeitratten, wiederstandsfähige Überlebenskünstler. Wenn Fred Cole mit seinem weinerlichen Organ „Walking On My Grave“ anstimmt, möchte man ihn in die Arme nehmen, über seine fettigen Zotteln streichen und ihm zuflüstern: „Rock 'n' Roll will never die.“ Manchmal muß man aus Mitlied lügen. Thomas Winkler
Heute, 21 Uhr im Huxley's, Hasenheide 108–114, Neukölln.
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