Sanssouci: Vorschlag
■ Hundeleben, Bankraub und Büstiers: Fantasy-Filmfest *3*
Während im letzten Jahr die Stimmung auf dem Fantasy-Filmfest ein bißchen in den Seilen hing, weil man den Eindruck hatte, dem Genre fällt nichts mehr ein, hat es sich nun offenbar am eigenen Schopf wieder aus dem Sumpf gezogen. Zwar gehört das Eigenzitat, gerade im Splatter-Kino, ohnehin zum guten Ton, aber jetzt ist aus der Masche ein Pingpong-System geworden, das weiß, was es tut.
„Man's Best Friend“ zum Beispiel ist ein Film über eine Laborzeugung von einer Art Hund, der nicht nur kalbsgroß ist, sondern auch unter ein wenig Rinderwahn leidet, der dazu führt, daß er leider die Laborantin, den Briefträger und andere unliebsame Elemente so recht wegbeißen muß von der Straße. Ein Nachfahre von Frankenstein und all den anderen Homunculi also, jetzt aber gekreuzt mit Gen-Technologie, Medienwirtschaft, und, bitte lachen Sie jetzt: Animal Rights (es wird sogar die „Cruelty Free Products List“ erwähnt, die real existierende Liste grausamkeitsfreier Produkte). Der Hund, Max, ist natürlich durch darwinistisches Cloning zustandegekommen; in den Nachbarkäfigen hocken Panther, Löwen, Meerkatzen und Chamäleons, deren DNA in Max ist. Dennoch ist auch Gemüt irgendwie mit durchgelaufen, denn Max hängt an Lori, der Fernsehjournalistin, die ihn ahnungslos zu sich nach Haus befreit, wo es erst einmal einen Freund wegzubeißen gilt ... Der Film ist, angefangen von den Hundegemälden und Federzeichnungen, die mit intelligent gemachter Musik einen dramatischen Vorlauf von dem geben, was noch kommen soll, phantastisch klar gefilmt und bleibt, trotz kleinerer Längen, so spannend und lustig, daß man immer zugleich lacht und ängstlich am Nachbarohr knabbert.
Ebenso rasend komisch ist es natürlich, wenn die von Ehemann und Paps schlecht behandelte Daryl Hannah, die übrigens schon seit einiger Zeit selbst Filme produziert und inszeniert, plötzlich vor den Augen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes ihrer Therapeutin aus ihrem Büstier knallt, weil sie zu einer Wuthöhe von 20 Metern anwächst. Wie Godzilla spielt sie mit Autochen, rennt in Strommasten und glotzt mit Riesenauge in das Schlafzimmer, wo sich ihr Mann mit einer kleinen Frau vergnügen wollte. Sehr luschtig auch die beiden Cops, die immer wenn einer vorbeikommt sagen, „Oh! Its Mrs. Archer“, auch als diese plötzlich zu fulminanter Höhe aufgeschossen ist. Höchst gelungenes, P.C.-adaptiertes Schlock-Stück aus den Fifties.
„Killing Zoe“ schließlich ist eine Art kleiner Bruder zu „Dog Day Afternoon“ („Hundstage“), dem zermürbenden Banküberfall mit Geiselnahme, den Al Pacino für seinen Geliebten unternimmt. Hier kommt nun ein Amerikaner nach Paris, wo ihm die Dame Zoe aufs Zimmer geschickt wird, bis man sich am nächsten Tag in der Bank auf verschiedenen Seiten eines blutigen Geiselnehmer-Dramas wiedertrifft. Star der ganzen Kokain-induzierten Angelegenheit ist der französische Schauspieler Jean- Hugues Anglade, der wirklich alles, aber auch alles an dieser Rolle ausspielt, Hippie-Freund, Drogen-Gourmet, Franzos, Tyrann und blutiger König. Seinetwegen unbedingt ansehen. mn
Fantasy-Filmfest, noch bis zum 10. 8. In Filmpalast, Eiszeit & Brotfabrik. Vorsicht Programmänderungen! Manche Filme werden noch einmal wiederholt.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen