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■ Erektion und große Wut: „Wie Erwin Stuntz den Sexfilm drehte“

Der letzte Kurzfilm von Zoltan Spirandelli hieß „Der Hahn ist tot“, und die Kinobesucher wurden darin zum Absingen des gleichnamigen Kinderkanons genötigt. Sein neuer Film nun heißt „Wie Erwin Stuntz den Sexfilm drehte“, und weil man da doch gleich eine peinliche Zuschauerverstrickung fürchtet, setzt man sich lieber gleich oben in den Rang.

Die letzte Werbung mit den Go-Kart-rasenden Yogis in der „West“-Wüste ist verklungen, dunkel liegt der Kinosaal – doch da leuchtet ein schwaches Licht auf einem Lesepult vor der großen Kinoleinwand auf, und Zoltan Spirandelli fängt an, sein Kino zu erzählen. Es geht um Erwin Stuntz, der seit manchem Jahr zwei Filmideen im Herzen trägt: die eine ist, seine Freundin Gerda nackt, die andere, sich selbst mit seiner Freundin im Geschlechtsakt zu filmen, beides am liebsten in der freien Natur. Es ist der Zufall, der ihm die alte Kamera seines Onkels Georg selig in die Hände spielt, und eines sonnigen Wochenendes also fährt Erwin Stuntz mit seiner Freundin Gerda und der Kamera raus ins Grüne.

Plötzlich leuchtet Gerda in Überlebensgröße auf der Leinwand, denn Erwin ist so erregt von der nahen Erfüllung seines Herzenswunsches, daß er schon mal ein bißchen auf den Auslöser drückt. Doch er muß Film sparen, und der Saal wird wieder dunkel. Nach langem Marsch erreicht das unternehmensfrohe Paar schließlich Erwins Lieblingswiese. Wir hören's nur und sehen's nicht, doch schnell hat Erwin alles gerichtet, schaltet seine Kamera wieder ein, woraufhin seine wilde Freundin sich die Kleider förmlich vom Leibe reißt – bis ihr beim BH plötzlich Bedenken kommen: Ooch, sie fände das doof und gar nicht romantisch und fast obszön ein bißchen, und dem Erwin, dem ginge es ja nur um Nacktaufnahmen von ihr. Doch dieser beschwichtigt, das schauten sie beide sich doch ganz gemütlich zusammen an, und sie solle ihm den Spaß nicht verderben und sich außerdem nicht immer auf seine Kühltasche setzen. Das geht eine Weile so hin, die Kamera schaltet sich mittels eines unter Heu gut verborgenen Fernauslösers immer wieder ein und aus, man streitet, ist bereit, doch scheinbar nur und muß noch mal beginnen.

Das Publikum liegt sich derweil fast in den Armen vor Lachen, klatscht und quietscht.

Ohne den Kinoerzähler Zoltan Spirandelli, der zugleich Regisseur, Hauptdarsteller und Produzent des Films ist, wäre der ganze Film wohl nur eine mittelmäßige Slapstick-Komödie. Doch der Mann vor der Leinwand macht den Film zu einer großen Heiterkeit. Fast wie im Wohnzimmer fühlt man sich oder wie man sich einen Märchenerzähler denkt, der Geschichten erfindet, nur für uns, wie er da auf der Bühne steht und, selbst ganz Aufregung, „Mist, sagt Erwin“ ruft und auf das Gummibällchen schimpft, das der Selbstauslöser ist, in übergroße Erregung gerät („große Erektion und maßlose Wut ist eine fatale Mischung“, analysiert er dann wieder kühl), um auf der Jagd nach Gerda zum zweiten Mal gegen den tiefhängenden Ast zu rennen.

Es geht dann aber alles noch gut aus. Der Erwin und die Gerda finden in glühender Vereinigung schließlich zueinander, und nur die Kamera, die hatte Erwin da aus Versehen abgeschaltet. Volker Weidermann

„Wie Erwin Stuntz den Sexfilm drehte“ läuft als Vorfilm zu „Vier Hochzeiten und ein Todesfall“ im Delphi

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