Sanssouci: Vorschlag
■ Huxley's: Creaming Jesus
Alles begann mit diesem Namen. Und mit Sprüchen wie diesem: „Es ist nur ein Name. Nicht mehr und nicht weniger. Allerdings war das doch schon sehr schräg, was Gott mit der armen Maria gemacht hat, oder? Hat er sie gefragt: ,He Maria, darf ich dich ficken?‘ Das glaubst du ja wohl nicht. Andererseits war er in diesem Moment so dermaßen geil auf Maria, daß er sie kurzerhand vergewaltigte.“ Soviel dazu. Hinter dieser Sorte Effekthascherei sind Creaming Jesus eine der unbeständigsten Bands dieses Planeten. Angefangen haben sie als Hardcore-Band, die kleine Comics auf ihre Innersleeves krakelte, in denen die Hippies noch ein letztes Mal ihr Fett abbekamen. Nicht gerade eine der taufrischesten Ideen. Zwischenzeitlich erfanden sie vor der Zeit wohl den Gothmetal, jedenfalls behauptet das ihre Plattenfirma. Mir kam das damals eher wie Punkrock mit recht bösartigen Stimmbändern vor. Aber die Creaming Jesus von 1994 erinnern nach zweieinhalb Jahren ohne Platte ohnehin nur noch namentlich an ihre Vorgänger. Der Besetzungswechsel des Sextetts, bei dem ein Gitarrist durch eine Violinistin ersetzt wurde, war allerdings nicht ursächlich. Das Stichwort Violine führt eher in eine falsche Richtung. Allerdings: Falsche Richtungen gibt es bei Creaming Jesus nun auch wieder nicht. Schon früher haben sie versucht, ihrem Hardcore unpassende Versatzstücke aufzupfropfen. Inzwischen ist ihre Musik überhaupt nur noch zusammengeleimt und an einer Synthese sympathischerweise nicht interessiert. Bollerschlagzeug und Percussionsdschungel, angefunkte und Metal-Gitarren, waitsscher Suffgesang und peinlich eingängige Popmelodien stehen unbeteiligt nebeneinander. Und das hört sich trotzdem klasse an. Effekthascherei at it's best. Creaming Jesus sind damit – vielleicht ohne es zu wissen – auf dem von Malcolm McLaren entworfenen Weg ein gutes Stück vorangekommen. Sollten sie damit auch noch richtig dick Geld verdienen, wäre endlich bewiesen, daß der große Rock-'n'-Roll-Swindle doch funktionieren kann. Und genau deswegen sind Creaming Jesus eigentlich immer noch nur Punkrocker mit einer besonders großen Schnauze. Thomas Winkler
Morgen, 21 Uhr, Huxley's Jr., Hasenheide 108-114, Neukölln
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen