Sanssouci: Nachschlag
■ Kunst aus Island im Podewil: Skulpturen von Hulda Hakon
Blumen, so blau wie das tiefste Meer. Flammen, leuchtender als Feuer. Und mittendrin Sätze wie: „There must be somebody somewhere doing something“. Die 38jährige isländische Künstlerin Hulda Hakon, deren Arbeiten derzeit als Teil der Ausstellungsreihe „en passant“ im Foyer des Podewil zu sehen sind, weiß, wie man Rätsel stellt. Die Blumen und die Flammen, als grobschlächtige Skulpturen stehen sie im Raum, als winzige Ornamente tauchen sie in Gemälden an den Wänden wieder auf. Sie sind Metaphern, Sinnbilder für eigentlich ganz schlichte und doch so komplizierte Gemütszustände: Sehnsucht und Leidenschaft, Ruhe und rauschhafte Passion.
Man kann sich verlieren in den knapp 80 mal 80 Zentimeter großen Gemälden. Rastlos schweift der Blick über die Leinwände, findet kaum Halt in den kleinteiligen, von einem eigenartigen Wetterleuchten durchzuckten Arabesken, die Hakon da mit spitzem Pinsel aufgebracht hat. Die Skulpturen dagegen sind berückend einfach. Wie verzauberte Naturgeister liegen sie auf dem Boden verstreut, stilisiert, märchenhaft, stoisch und absichtslos, als seien sie ein wenig vom Weg abgekommen. Vielleicht waren sie aber auch schon immer hier, und bislang hat sie nur keiner bemerkt. Dazwischen hat Hakon in grauer Farbe einzelne Sätze an die Wände gemalt. Sätze, die hart an Klischees und Nonsens vorbeischrammen: „Are you waiting for someone?“ oder: „I like your hairstyle, your trousers and your manners“. Plötzlich bricht der Alltag in diese verwunschene Welt. Small talk. Benimmregeln der übelsten Sorte. Hier kennt Hakon keine Zurückhaltung. Wer sich gerade noch allzu willig in die Poesie der Gemälde und Skulpturen hat fallenlassen, dem versetzt die Künstlerin mit ihren „Botschaften“ einen kurzen, kräftigen Schwinger in die Magengrube. Denn die Dinge, sagt Hakon, sind nicht die, als welche sie erscheinen. Täuschung und Imagination – bei Hakon sind die Grenzen fließend.
In ihrer Heimat ist Hulda Hakon längst ein Star. Als sie im vergangenen Jahr eine Einzelausstellung im Städtischen Museum Reykjavik hatte, berichteten die Zeitungen auf ihren ersten Seiten darüber. Anschließend, zur Vernissage, war die halbe Stadt auf den Beinen. Besonders gerühmt wurde damals die unbekümmerte Naivität der Künstlerin. So kann man sich irren. Ulrich Clewing
Bis 29.1., Mo.–Fr. 8–22 Uhr, sowie bei Veranstaltungen, Podewil, Klosterstraße 68–70, Mitte.
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