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SanssouciVorschlag

■ Erinnern: Ausstellung, Tagung und eine Kinoreihe im Arsenal

Unter den zahlreichen Ausstellungen, die man sich in diesem erinnerungsträchtigen Jahr in Berlin verordnet hat, ist sie sicher die ambitionierteste: „200 Tage & 1 Jahrhundert“, ein Projekt des Hamburger Instituts für Sozialforschung, wurde zuerst in der Kampnagel-Fabrik gezeigt, war dann in Wien zu sehen und ist nun in der Parochialkirche eröffnet worden.

Das Konzept der Ausstellung benutzt sieben Schlüsselereignisse des Jahres 1945, um das nationalsozialistische Terrorsystem, den Archipel Gulag, die mit zahlreichen Kriegen verbundene Entkolonialisierung Indochinas, den Atombombenabwurf auf Hiroshima, die Gründung der UNO und die Nürnberger Prozesse als „Signaturen“ einer Epoche zu kennzeichnen, die von Gewalt und Barbarei geprägt wird, begleitet von kläglichen Versuchen, die „destruktive Dynamik“ einzudämmen. Die Episoden dieser Gewaltgeschichte werden durch Installationen, Fotografien und Videofilme eindrucksvoll veranschaulicht. Obwohl diese auf eine These zugespitzte Geschichtsdarstellung so plausibel erscheint, bleibt die Skepsis angesichts der intellektuellen Alpinistik, die uns hier auf die Höhenzüge der Geschichtsphilosophie führt, ein Unbehagen, das leicht in Ratlosigkeit umschlagen kann.

Das inzwischen unvermeidliche Begleitprogramm zur Ausstellung ist also diesmal nützlich und willkommen, als Möglichkeit zur Diskussion – und Kritik. Vom 12. bis 14. Mai findet im Podewil die Tagung „Der Gewalt begegnen. Entwickelt sich die Zivilisation zur Barbarei?“ statt. Daniel Cohn-Bendit hält den Eröffnungsvortrag. Auf mehreren Veranstaltungen diskutieren unter anderen W. Kühnel, H. Joas, F. Castorf, D. Kamper, B. Sichtermann, H.-Chr. Buch Aspekte der Gewalt in den Medien, der Kunst, unter Jugendlichen und in politischen Konflikten. Am 11. Mai liest Klaus Theweleit aus „Memory Pictures“, einer Auseinandersetzung mit M. Duras und mit Filmen von M. Ophüls und C. Lanzmann (ebenfalls im Podewil). Ulrich Gregor hat einen Filmzyklus für das Kino Arsenal zusammengestellt, der – laut Programmheft – „die Fähigkeit des Filmmediums, Geschichte und Vergangenheit festzuhalten, Erinnerung zu beschwören und beim Zuschauer Reflexionen auszulösen, selbst thematisiert. Die Filme sind prototypisch für die Möglichkeiten des Kinos, mit dem Thema ,Erinnerung‘ umzugehen.“ Im Mittelpunkt stehen Filme, die sich mit der Shoah auseinandersetzen: am 8.5. A. Adelsons „Lodz Ghetto“ (20 Uhr), am 13. 5. eine Dokumentation von J. Waletzky über den Wilnaer Ghettoaufstand (20 Uhr), am 20. und 21. 5. C. Lanzmanns „Shoah“, eine Woche später sein umstrittener Israel-Film von 1994, „Tsahal“. Die erste Dokumentation über ein sowjetisches Lager wird am 26. 5. zu sehen sein, M. Goldowskajas „Solowjetskaja Wlast“ (1988); M. Romms „epochales Werk“ ( U. Gregor) „Der gewöhnliche Faschismus“ läuft am 31. 5. um 18 Uhr. Im Juni stehen Filme aus Japan auf dem Programm, so beispielsweise Kobayashis fast fünfstündige Dokumentation über den Kriegsverbrecherprozeß von Tokio (am 18.6. um 11.30 Uhr). Stephan Schurr

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