Sanssouci: Nachschlag
■ Motivierungsbedürftig: Das Duo Make a Point in der "Falle"
Auf den Punkt gebracht ist es so: Neun mittelmäßige Darbietungen muß man über sich ergehen lassen, um mit einer guten belohnt zu werden. Das Berliner Duo Make a point gehört dabei zur Mehrheit, und wie in jeder Demokratie, so ist es auch in der Kunst: Die Mehrheit siegt. Gerecht ist das zwar nicht immer, aber Mai Horlemann und Christian Lucien Lenoir sind nicht ganz unschuldig daran, daß sie zum Gros gehören. Würden sie das tun, was sie nicht schlecht können, nämlich singen und Klavier spielen, und würden sie ihre peinlichen Dialoge zwischen den einzelnen Liedern weglassen, sähe die Welt ganz anders aus. Denn das kann ja von Künstlern verlangt werden, daß sie einen für Augenblicke vergessen lassen, was um einen rum ist. Klar, das ist nicht leicht, insbesondere dann nicht, wenn die Minibühne, auf der aufgetreten wird, in einem der neuen Glaspaläste in der Friedrichstraße liegt, die nur zum Konsumieren gedacht sind. Es ist natürlich höllisch, gegen die Menschenleere, die diesen Tempel nach Ladenschluß überfällt, anzusingen, und das in einem Etablissement, das den Charme einer Küche hat und passend Die Falle heißt. Den Durchbruch des Abends schafft das Duo denn auch mit dem Song „Die Nachbarn haben Küchenschaben“. Es sind immer die anderen, die schuld sind.
„Do it yourself“ ist das Motto des Duos. Texte und Musik seien echte Eigenproduktionen. Natürlich wird vorwiegend von der verpaßten und verpatzten Liebe gesungen, die Pointen kommen dabei meist etwas schleppend, weil sie schon vor dem Lied durch die inszenierte Disharmonie zwischen Sängerin und Klavierspieler strapaziert wurden, aber das Goethe-Institut kann sich freuen, eignet sich der neue deutsche Kleinkunstschlager, der derzeit fast wie Unkraut überall aus dem Boden schießt, doch hervorragend für den Deutsch-als-Fremdsprache-Unterricht. Die leichte Musik und der klare Gesang bieten Verständliches für Grundstufe und Fortgeschrittene. Da das Duo auch ein paar Songs auf Englisch parat hat, sind Vergleiche drin und man fragt sich, warum Mai Horlemanns Stimme eigentlich musikalischer und weicher klingt, wenn sie Englisch singt. Paßt brüchig und schrill eher zu deutsch? Daß bei Make a point mehr drin wäre, wenn sie nur jemanden hätten, der sie ein bißchen motivierte, Moderationen durch Musik zu ersetzen, bekommt man spätestens bei der Zugabe mit. Auf HipHop-Rhythmus – und ohne Klavierbegleitung – wird die unbereute Affäre besungen. Witz, Präsentation, Dynamik, Requisiten, Text und Körperpercussion stimmen, wahrscheinlich deshalb, weil: „Dieser geile Song entstand / In Italien am Strand.“ Waltraud Schwab
Bis 8. 7., Do-Sa, 20.30 Uhr, Die Falle, Friedrichstraße 130, Mitte
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen