Sanktionsliste für Syrien erweitert: Einreiseverbot und Kontensperrungen
Der Machtkampf in Syrien eskaliert zum Bürgerkrieg. Die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte spricht von mindestens 4.000 Toten.
GENF/KAIRO/ARBIL rtr | Der seit Monaten tobende Machtkampf in Syrien eskaliert aus Sicht der UN zum Bürgerkrieg. Grund sei die wachsende Zahl bewaffneter Deserteure, die sich der Opposition angeschlossen hätten, sagte die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Navi Pillay, am Donnerstag in Genf. Sie sprach von mindestens 4.000 Toten. Sie habe aber zuverlässige Informationen, dass es erheblich mehr Opfer gebe.
Als Reaktion auf die auch am Donnerstag anhaltende Gewalt verhängte die Arabische Liga ein Einreiseverbot gegen hochrangige Vertreter der Führung in Damaskus. US-Vizepräsident Joe Biden forderte Präsident Baschar al-Assad zum Machtverzicht auf. "Das Problem in Syrien ist eindeutig Assad", sagte Biden in einem Interview.
Pillay sagte weiter, die Verantwortlichen in Syrien gehörten vor Gericht. Der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen (UN) werde sich am Freitag in einer Sondersitzung mit dem Bericht einer Sonderkommission befassen, die Syrien systematische Verletzungen der Menschenrechte wie Mord, Folter und Vergewaltigungen vorgeworfen hat.
Sie habe den UN-Sicherheitsrat bereits im August aufgefordert, wegen des gewaltsamen Vorgehens des syrischen Staates gegen Demonstranten den Ankläger beim Internationalen Strafgerichtshof einzuschalten.
Von dem Einreiseverbot der Arabischen Liga sind insgesamt 17 Syrer betroffen, darunter der Bruder von Präsident Assad. Auch der Verteidigungs- und der Innenminister sowie Geheimdienst- und Militärvertreter dürften nicht mehr in andere arabische Länder einreisen, berichtete die ägyptische Nachrichtenagentur Mena. Machthaber Assad selbst hat die Arabische Liga offenbar nicht auf die Liste der Personen mit Einreiseverbot gesetzt. Assads Bruder Maher ist Kommandeur der Republikanischen Garde und zweitmächtigster Mann Syriens.
Mena berichtete weiter, ein Ausschuss der Arabischen Liga habe empfohlen, ab Mitte Dezember Flüge zwischen Syrien und anderen arabischen Ländern einzustellen. Wegen der anhaltenden Gewalt gegen Regierungsgegner hat die Arabische Liga wie viele westliche Staaten Sanktionen gegen die Führung in Damaskus erlassen.
Furcht vor regionelem Konflikt
Die Europäische Union (EU) beschloss unterdessen, zwölf weitere Syrer und elf zusätzliche Unternehmen und Institutionen auf die Sanktionsliste zu setzen. Die EU machte dazu zunächst keine näheren Angaben. Diplomaten sagten, dass unter anderem die staatliche syrische Ölfirma General Petroleum Corporation ins Visier der EU geraten sei. Die EU hat bereits Einreiseverbote und Kontensperrungen gegen zahlreiche Personen und Firmen beschlossen. Seit September gilt ein Ölembargo.
Auch am Donnerstag kam es wieder zu gewaltsamen Übergriffen in Syrien. Bei einem Armee-Einsatz in der Provinz Hama wurden nach Angaben einer Menschenrechtsorganisation sechs Zivilisten getötet und fünf weitere schwer verletzt. Hama gilt als Hochburg des Widerstands gegen die syrische Führung.
Die Furcht wächst, dass sich die Kämpfe in Syrien zu einem regionalen Konflikt ausweiten - vor allem im benachbarten Irak. Dort beendete US-Vizepräsident Biden am Donnerstag seinen dreitägigen Besuch. Er sollte noch am selben Tag in die Türkei weiterfliegen. Die Lage in Syrien steht ganz oben auf der Tagesordnung bei einer Reihe von Gesprächen in den nächsten Tagen.
"Es ist durchaus berechtigt, dass sich sämtliche Nachbarn Syriens um die Zukunft sorgen", sagte Biden. Das Wichtigste sei zunächst, dass Assad abtrete.
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