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■ DaumenkinoSamba Traoré

Lange, lange hatte es gedauert, bis endlich ein afrikanischer Film seinen Weg ins Wettbewerbsprogramm der Berlinale gemacht hatte; und dann waren es beim letzten mal gleich zwei, dazu kam im Forum noch so dies und das, und prompt war von einem afrikanischen Schwerpunkt die Rede. Hat schon mal jemand etwas von einem amerikanischen Schwerpunkt gesagt? Und doch haben wir den jedes Jahr! Lustig irgendwie.

Lustig war auch, daß in der Pressekonferenz von Journalisten, die es eben gewöhnt sind, daß auch die „afrikanischen Filme“ aus Europa kommen (erinnern Sie sich noch an das Raunen von Vanessa Redgrave zu Anfang von Out of Africa, wie sie sehnsüchtig murmelt „I had a farm in Africa...“?) – diese Journaille also entblödete sich nicht, in der Pressekonferenz zu fragen, warum man denn in Burkina Faso Filme mache! Ebenso hübsch auch die Frage: „Ihr Film Samba Traoré hat ein universales Thema, er nimmt Bezug auf Dostojewskis ,Schuld und Sühne‘. Ich bin enttäuscht zu sehen, daß auch Sie sich vor Europa verbeugen, keine eigenen Themen, afrikanischen Themen entwickeln.“ Verstehe: Der Buschmann gehet nackt und hat kein Buch, schon gar kein gutes. Als der Regisseur Ouédraogo sich dann auch noch erfrechte, vom Film noir beeinflußt worden zu sein, dies gar öffentlich kund- und zu wissen gab, da war es aus mit der journalistischen Langmut, und man zog murrend seiner Wege.

Dabei ist die Chose folkloristisch genug geraten. Samba (Bakary Sangare) hat eine Tankstelle in der Stadt ausgeraubt und zieht als reicher Mörder in sein Heimatdorf zurück, wo es genau die maisstampfenden, buntbekleideten Frauen, die Ziegen und die Häuptlinge gibt, die die Kollegen so gerne sehen wollten. Also wieso die Aufregung? Dann ist eine Zeitlang Burleske angesagt; es gibt riesige Ehefrauen, die auf kleine Hanswürstchen eindreschen, geheimnisvolle Witwen, weise, alte Männer, also das ganze Arsenal für einen international funktionsfähigen Film. Hinzu kommt, daß dem Hauptdarsteller seine Arbeit mit Peter Brook anzumerken ist; der windet sich, protzt und zweifelt und erklärt sich nie ganz, und prompt denkt man: der könnte glatt einen Shakespeare-Charakter geben, einen Macbeth, einen Richard, oder – jaaaa! – den Othello! Har, har, har! mn

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