Susanne Stiefel : Salz und Pfeffer
Cartoons sind die Würze des Journalismus. Sie pfeffern die Welt der Nachrichten, sie sind das Salz in einer manchmal bis zur Langeweile ausgewogenen Berichterstattung. Und manchmal sind sie sogar Sprengstoff wie die Mohammed-Karikaturen der dänischen Zeitung Jyllands-Posten.
Doch egal ob Salz oder Pfeffer: Cartoons sind immer eine ganz eigene Form der Realitätswahrnehmung. Oder wie der Kunstprofessor Alexander Roob sagt: „Politische Karikatur ist Zeichnung, munitioniert mit unterschwelliger Bedeutung und Polemik. Sie dampft seitenlange Leitartikel auf Panelgröße herunter und packt weitschweifige Argumente in eine einzige Geste und einen einzigen Blick.“
Seit geraumer Zeit experimentieren wir von der Kontext-Redaktion gemeinsam mit Studierenden und Lehrkräften der Stuttgarter Kunstakademie in einer Art Werkstatt, wie wir die Welt der Zeichnungen in unserer Onlineausgabe und im samstäglichen Printprodukt verankern können. Die Schüler des Designprofessors Uli Cluss und des Grafikprofessors Alexander Roob haben sich auf diese gemeinsame Entdeckungsreise mit Kontext eingelassen. Das braucht Geduld, Experimentierlust und das Wissen, dass Umwege nicht nur Zeit kosten, sondern auch überraschende Perspektiven eröffnen.
Nun ist es so weit: In dieser Ausgabe beginnen wir mit einer eigenen Comicserie, die der Journalist Peter Unfried und der Kunstakademie-Student Björn Dermann gemeinsam gestalten. „Der Ökodiktator“ wird ab heute in unregelmäßigen Abständen die Kontext:LeserInnen entführen in die Welt der grün-roten Regierung mit ihren Stolpersteinen, Fallen und (Koalitions-)Intrigen.
Peter Unfried, taz-Chefreporter, der aus dem Hohenlohischen stammt, ließ sich von unserem Kontext-Waldspaziergang vor wenigen Wochen zu einem Schauspiel mit fünf Personen inspirieren: Jeden Sonntagmorgen, 9 Uhr, macht der Ökodiktator mit seinen Wanderfreunden Boris, Winne und dem stellvertretenden Ökodiktator Drniils zu Hause in Laiz auf der Schwäbischen Alb einen Waldspaziergang. Wanderweg II, 15,3 Kilometer. Manchmal kommt die Ökodiktatorin auch mit.
Unfried war hocherfreut von der Aussicht, dass ein Kunststudent seinen Politspaziergang in Bilder packt. „Ich habe schon immer davon geträumt, einen Comic zu machen.“ Nun hat der 48-Jährige in dem 23 Jahre jungen Kunststudenten Björn Dermann einen gefunden, der seine Träume wahrmacht. Für den Roob-Schüler Dermann ist diese Arbeitsweise Neuland. Bisher arbeitete der gebürtige Stuttgarter an Comic-Reportagen, deren Texte er selbst verfasste, wenn sie nicht sogar ganz ohne Text auskamen. Nun hat er einen Kollegen von der schreibenden Zunft an der Seite. Und die zwei haben sich in den vergangenen Wochen gewinnbringend zusammengetan.
Es ist nicht einfach, die Gesichter von Politikern in wenigen charakteristischen Strichen zu erfassen. Björn Dermann war verblüfft, was dieser Blick auf Menschen, die er nur aus den Medien kennt, bei ihm selbst ausgelöst hat. „Sie verwandeln sich plötzlich in Figuren der Geschichte und wirken plötzlich so harmlos, wie sie gar nicht sind“, sagt der Kunststudent über seine zeichnerische Annäherung an die baden-württembergische Politspitze.
Peter Unfried und Björn Dermann werden in unserem Politcomic zusammenarbeiten wie die Asterix-und-Obelix-Väter Uderzo und Goscinny. Und wir hoffen, dass wir noch viele Geschichten aus ihrer kleinen Werkstatt sehen dürfen. Salz und Pfeffer dürfen auch bei Kontext nicht fehlen.