■ Saddams Schwiegersohn – eine Alternative für den Irak?: Zu schön, um wahr zu sein
Es scheint ein Traum-Szenario zu sein, um die irakische Misere ein für allemal zu beenden. Hussein Kamil al-Madschid, ein General und Verwandter Saddam Husseins, desertiert aus dem irakischen Machtapparat. Kurz darauf präsentiert er sich als die Alternative zum Diktator aus Bagdad.
Zu schön, um wahr zu sein? Zumindest in Washington wartet man bereits seit den letzten Tagen des Golfkrieges auf den starken Ersatzmann aus Bagdad. Mit Aussicht auf Erfolg kann nur jemand aus dem innersten Kreis rund um Saddam den Putsch gegen das Regime anführen. Alle anderen Aufstandsbewegungen, seien es die zerstrittenen Kurden im Norden oder die zerschlagenen Schiiten im Süden, führen zu einem Auseinanderbrechen des Landes, lautet die These. Das wiederum liegt nicht im westlichen Interesse. Also wurden die Aufstandsbewegungen wie heiße Kartoffeln fallengelassen und ihre Territorien bestenfalls zu Schutzzonen erklärt.
Was aber tun mit einem übergelaufenen General und Schwiegersohn Saddam Husseins? Trotz der Gerüchte, daß der CIA seine Finger mit im Spiel hatte, hält sich Washington eher zurück. Läßt sich auf die Karte al-Madschid setzen? Wieviel Einfluß hat ein General, der seine Untergebenen verlassen hat? Die Amerikaner scheinen auf diese Frage noch keine rechte Antwort gefunden zu haben. Die irakische Opposition in London und Damaskus steckt in ihrem eigenen Dilemma. Ohne einen starken Mann aus Bagdad spielt sie weiterhin nur eine marginale Rolle. Mit dem General steigen ihre Chancen. Der Haken dabei: An seinen Händen klebt das Blut von Oppositionellen. Die persönliche Geschichte des Generals ist nicht gerade reich an demokratischen Tugenden.
In jedem Fall ist der General gut genug, um endlich Licht in das irakische Waffenprogramm zu bringen, für das er so lange verantwortlich war. Ob er allerdings „singen“ wird, ohne seine Karte als Alternative zu Saddam Hussein ausspielen zu können, bleibt fraglich. Es war sein Schwiegervater höchstpersönlich, der Meister des Machtpokers, der dem Überläufer eine Warnung zugespielt hatte. „Haben dich die Feinde erst einmal ausgequetscht, werfen sie dich auf die Straße.“ Karim El-Gawhary, Kairo
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