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Archiv-Artikel

STILKRITIK Sabotage

Mitten im Wahlkampf liest der Journalist und Verleger Jakob Augstein am vergangenen Sonntag in der Berliner Volksbühne aus seinem Buch. Das Werk, im Hanser Verlag erschienen, hat 304 Seiten und kostet 14,99 Euro. Im Titel fordert es zu „Sabotage“ auf und im Untertitel dazu, sich zwischen Demokratie und Kapitalismus entscheiden zu müssen. Nach der Lesung spricht Augstein mit dem Grünen Daniel Cohn-Bendit, moderiert vom stellvertretenden Bild-Chefredakteur und designierten Leiter des Spiegel-Hauptstadtbüros Nikolaus Blome.

Bei Abholung des Eintrittstickets eine halbe Stunde vor Veranstaltungsbeginn teilt der Kassierer mit, dass die Nummerierung der Plätze keine Gültigkeit mehr besitze, und streicht die Zahlen auf dem Abschnitt durch. Die Veranstaltung sei vom großen Saal in das kleinere Sternfoyer verlegt worden. Der große Saal ist leer, das Sternfoyer mit etwa 80 Plastikstühlen gefüllt.

Das Podium diskutiert die Frage, wie notwendig, legitim und tabuisiert politische Gewalt hierzulande ist. Der erste Zwischenruf aus dem Publikum lautet „Bild“, der zweite „Hetzer“.

Der erste Redner aus dem Publikum beklagt, dass man Prominenten nicht zu nahekommen könne, denn der Bodyguard würde einem dann „eins auf die zwölfe“ geben. Die erste Rednerin stört die „überintellektuelle Politikdebatte“, die nächste wundert sich über Meldungen aus Fukushima, die neben Meldungen aus dem Fußball stünden, und fordert die Medien auf, einen „gewalttätigeren Ton“ anzuschlagen. Anschließend stellt ein Zuhörer fest, die 68er hätten mit „endogenen“ Problemen zu kämpfen gehabt, die heutige Bewegung stehe vor viel abstrakteren Fragen. Ein weiterer erläutert, ein Anschlag auf Oberleitungen treffe auch Zuginsassen. Der letzte Redner, der sich als politisch Aktiver vorstellt, rät Augstein, weniger intellektuell zu schreiben, um mehr Leute zu erreichen. Augstein antwortet: „Ich bin Ihrer Meinung. Man will ja gelesen und verstanden werden.“ „Sabotage“ ist im Übrigen das dritte Buch des Autors. Das zweite heißt „Die Tage des Gärtners“, das erste „Sieben Schüsse in Glienicke“.

DORIS AKRAP