■ SURFBRETT: Wie der neue Duden braust
In Zweifelsfällen, heißt es, entscheidet der Duden. Mit der deutschen Rechtschreibreform ist mit noch mehr Zweifelsfällen zu rechnen als bisher. Und weil wir ja nur noch selten mit Kielfeder auf Pergament schreiben, sondern am Computerkeyboard drauflostippen, ist ein weiters Zeichen der Zeit überfällig: der Duden online.
Doch leider fühlt sich die Dudenredaktion nur zuständig für das gute Deutsch von gestern, zu dem der Computerslang und das typische Nerdenglish des Internet nicht gehören. Das Bibliographische Institut&F.A.Brockhaus in Mannheim haben trotzdem einen Webdesigner beauftragt, den Computerkids unter http:// www.duden.bifau.de/ mal zu zeigen, was der gute neue Duden ist.
Darf man das Wort „Computerkid“ benutzen? Online antwortet der Duden nur, wenn man das richtige Programm geladen hat. Sonst wird man mit folgendem erstaunlichem Text konfrontiert, in fetter Überschriftgröße dargestellt: „Dokumenten-Aufbau mit FRAME-Syntax! Der von Ihnen momentan benutzte Browser kann keine FRAMES darstellen! Dieses Dokument wurde mit Hilfe von FRAMES gestaltet! Bitte benutzen Sie einen entsprechenden Browser...“
Leider ist in der gedruckten Ausgabe das Wort „Browser“ nicht enthalten. Immerhin hilft aber der „Duden Informatik“ von 1993 weiter. Dort steht: „Browsing (engl. browse = schmöckern); Bezeichnung für ein überblickartiges Durchblättern oder das flüchtige Durchsehen von Dateien, Programmen und Systemkomponenten auf dem Bildschirm. Ein Programm, das diese Tätigkeit unterstützt, nennt man Browser.“
Nun muß ja niemand wissen, was ein „Dokumenten-Aufbau mit FRAMES- Syntax“ ist, noch, warum man das eine Wort, das doch wahrscheinlich „Rahmen“ bedeutet, immer in Versalien schreibt. An der Computersyntax kann es nicht liegen, die in diesem Fall nicht zwischen großen und kleinen Buchstaben unterscheidet. Doch mit der richtigen Brause betrachtet, verschwindet alles hinter einem gnädigen Vorhang aus Eigenwerbung, den die Dudenredaktion vor dem immer noch zweifelnden User aufzieht. Pardon, „Nutzer“, muß es wohl heißen. Tatsächlich ist der Bildschirm gleich in vier Rahmen aufgeteilt, in keinem einzigen jedoch ist irgend etwas über korrekte Schreibweisen zu lernen. Das Äußerste an Onlinedienst, das sich der Duzugetraut hat, ist die Angabe der Postadresse, an die man sich in Zweifelsfällen wenden möge. niklaus@taz.de
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