STEFAN REINECKE ÜBER DEN KAMPF UM HARTZ IV : Lob des Föderalismus
Der Showdown im Ringen um Hartz IV, um gleiche Löhne für Leiharbeiter und ums Bildungspaket ist im letzten Moment abgeblasen worden. Dafür hat Kurt Beck gesorgt – und zwar eher der Ministerpräsident Beck als der Sozialdemokrat Beck. Denn die vielerorts bankrotten Kommunen bekommen bei einer Einigung eventuell vier Milliarden Euro jährlich vom Bund – das nutzt auch den Ländern. Becks Vermittlungsversuch ist aber keine Niederlage für die SPD – nur sein Rat an sie, equal pay für Leiharbeiter aus den Verhandlungen zu streichen, ist unklug. Was nun ansteht, ist auch kein Deal wie das Herauskaufen eines Bundeslandes. Die Intervention der Bundesländer ist, wenn sie zu einer brauchbaren Einigung führt, ein Sieg politischer Ratio.
Denn Schwarz-Gelb und Rot-Grün sind inhaltlich nicht so weit auseinander, dass eine Einigung undenkbar ist. Das Scheitern hatte, von beiden Seiten, machttaktische Gründe. Für die Union und für die SPD war es lohnender, die Verhandlung platzen zu lassen, als ihrer Klientel einen Kompromiss präsentieren zu müssen, der aussah wie eine halbe Niederlage. Nichts kann Angela Merkel weniger brauchen als den Ruf, sich, wenn es ernst wird, lieber mit der SPD als mit der FDP zu einigen. Und SPD-Chef Gabriel muss unbedingt den Eindruck vermeiden, die machtvolle Oppositionsfront gegen Schwarz-Gelb breche bei der ersten Böe zusammen. Daher rührt die Verhärtung der Fronten.
Aber neben dieser Machtlogik gibt es eine Sachlogik. Die haben die Länder nun wieder ins Spiel gebracht. Sogar aus der ideologisch hochgerüsteten FDP hört man erste zaghafte Stimmen, die an der Blockade der Liberalen gegen die gleiche Bezahlung von Leiharbeitern zweifeln. Die Intervention der Bundesländer zeigt, dass die föderalen checks and balances besser funktionieren als oft unterstellt.
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