STASI-AUFKLÄRUNG BEI DER ARD WIRD VON INNEN UND AUSSEN GEBREMST : Nicht ganz öffentliche Anstalt
Nein, der BRD-Rundfunk war keine fünfte Kolonne Ostberlins. Zu diesem Schluss kommt die groß angekündigte Studie der ARD. Ja, es gab Westjournalisten in Stasi-Diensten: beim damaligen Süddeutschen Rundfunk, beim NDR, der Deutschen Welle und – wenig verwunderlich – bei Deutschlandfunk und Rias, die explizit für „drüben“ sendeten. Beides ist wenig überraschend. Auch dass die Stasi außerdem die Arbeit von ARD-Korrespondenten in der DDR massiv zu behindern suchte, dass es ihr auch immer wieder gelang, Westjournalisten mehr oder weniger gut präparierte offizielle Ostbürger als angeblich unabhängige Stimme aus dem Volk unterzujubeln, war längst hinlänglich bekannt. Was bleibt, sind skurrile Details wie die Pläne zur Sprengung des Saarbrücker Funkhauses. Dazu bedurfte es nicht der jetzt von der ARD veröffentlichten umfangreichen Untersuchung.
Aufschlussreich ist dagegen der Teil der Studie, der sich mit den aus dem DDR-Rundfunk übernommenen heutigen Sender-Mitarbeitern befasst. Hier beginnt die ARD, endlich Klarheit in eigener Sache zu schaffen. Sie macht Schluss mit der unsäglichen Blockadehaltung, mit der jahrelang vor allem der Mitteldeutsche Rundfunk Stasi-Vorwürfe auszusitzen versuchte. Das ist in jedem Fall positiv. Doch die ARD muss sich die Frage gefallen lassen, warum dies erst im Jahr 2004 geschieht. Insgesamt, so der Tenor der Studie, habe sich die Stasi bei ihrem Versuch, die Westanstalten zu unterwandern, die Zähne ausgebissen. Doch bislang liegt der Öffentlichkeit gerade einmal knapp die Hälfte der gesamten Untersuchung vor. Der Rest bleibt aus Gründen des Persönlichkeitsrechts der Betroffenen vorerst unter Verschluss.
Hier wirkt das fatale Urteil über den Umgang mit den Stasi-Akten Helmut Kohls nach. Bleibt es bei diesem weitgehenden Verbot einer Verwendung der gewonnenen Erkenntnisse, werden die Recherchemöglichkeiten der Medien drastisch eingeschränkt. Gerade angesichts der späten Bereitschaft zur Aufklärung bei der ARD wäre das ein unhaltbarer Zustand. STEFFEN GRIMBERG
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