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STANDBILDBittersüßes Melodrämchen

■ "Der Eindringling", ZDF, Montag, 19.30 Uhr

Hast du Wolfgang mal wieder gesehen?“ fragt Gerti ihre Freundin Elke. Nein, Elke hat ihn nicht gesehen. Sie ist nämlich seit zwei Jahren blind. Dennoch hat auch die Blinde diese gedankenlose Floskel beibehalten: „Meine Freundin und ich haben uns lange nicht gesehen“, erzählt sie Manfred, dem jungen Gelegenheitsdieb, in den sie sich verliebt. Und keiner in diesem Fernsehspiel erschrickt über dieses leicht hingeworfene Konversationsgeplätscher, das für eine Blinde schmerzhaft ist. Aber so richtig erschrecken soll man ohnehin nicht: Der Regisseur heißt ja Sigi Rothemund, und der ist bekannt als Spezialist für das Problemfernsehspiel mit Weichheitsgarantie. Und so ist auch die Liebesgeschichte zwischen der ätherisch-schönen, drehbuchgerecht erblindeten Constanze Engelbrecht und dem charmanten Gelegenheitsganoven Manne (Dieter Landuris) ein bittersüßes Melodrämchen mit gemütlich-tragischem Kick geworden.

Constanze Engelbrecht hat in der Presse schon vorab wortreich berichtet, daß sie sich auf die Rolle der Blinden vorbereitet habe — eigentlich eine Selbstverständlichkeit, nur daß man davon nicht sehr viel merkt. Sie schmeißt mal dies, mal jenes um und tastet sich durch ihre Wohnung, die für eine Blinde sehr unpraktisch eingerichtet ist, dafür aber den ästhetischen Ausstattungskriterien genügt, die man von Fernsehspielwohnungen des höheren Mittelstands erwarten darf: CD-Plattenturm, Nippes all überall, viel indirektes Licht und — in den Liebesszenen — flackernder Kerzenschein. Daß die Blinde sogar Auto und Fahrrad fährt, wenn auch unter Anleitung von Manne — ist nicht eine Unglaubwürdigkeit am Rande: Das hat System, denn man soll als Zuschauer Elkes Blindheit mehr wie ein retardierendes Moment im Liebesgeschehen erleben, nicht wie ein schreckliches Schicksal, das jede Bewegung zum Drama macht. Constanze Engelbrecht hat, nach eigenen Worten, auf undurchsichtige Kontaktlinsen verzichtet, damit sie nicht „mit starrem Blick Mitleid erregt“. Ehrlicherweise hätte sie sagen können, sie wolle ihre Schönheit nicht entstellen. Das eine wie das andere ist ihr gelungen: Sie schaut einfach somnambul an der Wirklichkeit vorbei, als wolle sie bloß nicht hinsehen. Und Sigi Rothemund trägt sein Teil bei, das Drama einer Blinden, die mit ihrer Blindheit selbständig leben will, zum wohligen Feierabendmärchen zu machen über die Liebesgeschichte einer schönen Frau, die eben für alles nur ein bißchen länger braucht. Sybille Simon-Zülch

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