STADTENTWICKLUNG: Streit um den Stadtwerder
Die "Aufbaugemeinschaft" präsentiert Wahlprüfsteine und macht sich bei den Kleingärtnern unbeliebt. Die wollen keiner Wohnbebauung weichen
Beharrlichkeit kann man der "Aufbaugemeinschaft" kaum absprechen: Wie schon seit 30 Jahren fordert der Verein auch anlässlich der aktuellen Bürgerschaftswahl die Verlegung der Straßenbahn von der Obern- in die Martinistraße. Uwe Nullmeyer, Ex-Geschäftsführer der Handelskammer und Vorsitzender der "Aufbaugemeinschaft", ist sicher: "Das ist den Schweiß der Edlen wert - irgendwann schaffen wir das." Sein Stellvertreter Joachim Linnemann, Chef des Immobilienunternehmens Justus Grosse, sieht den Gewinn einer Schienenverlagerung nicht nur in einer Fußgängerzone: Es könne ein veritabler "Boulevard" entstehen, der auch für Veranstaltungen attraktiv sei.
Die als gemeinnützig anerkannte "Aufbaugemeinschaft", die laut Selbstdarstellung "keine eigenen wirtschaftlichen Zwecke verfolgt", hat insgesamt 50 Forderungen und Vorschläge. Neben Verkehrsinfrastruktur und Stärkung des innerstädtischen Einzelhandels, geht es häufig um die Ausweisung neuer Gewerbe- und Wohnbaugebiete.
Zum Beispiel auf dem Stadtwerder: Bremen könne es sich nicht erlauben, diesen "hochattraktiven Standort" vorrangig den Kleingärtnern zu überlassen, sagt Linnemann - zumal die Gärten "zum Teil gar nicht so intensiv genutzt" würden. Um wie große Flächen geht es? "Ein Riesengebiet", sagt Linnemann. Näher quantifizieren kann er auch den vermeintlichen Leerstand nicht, dieser sei "aus Sicht eines Spaziergängers" jedoch erkennbar. Nullmeyer ergänzt: "Viele ältere Leute haben die Parzelle noch, nutzen sie aber nicht mehr richtig." Linnemann ahnt: "Damit ziehen wir uns den Zorn der Kleingärtner zu."
Er täuscht sich nicht. "Denen werden wir zeigen, wie die Harke auf den Stiel passt", empört sich Hans-Ulrich Helms. Der Stadtwerder sei Bremens beliebtestes Parzellengebiet, sagt der Verbandsvorsitzende der Bremer Gartenfreunde, von Leerstand könne keine Rede sein. Die rund 2.000 Stadtwerder-Gärten seien voll genutzt, auf Grund der großen Nachfrage führten die Vereine Interessentenlisten. Daher sei klar: "Von uns kriegen die keinen Quadratzentimeter."
In Bezug auf den Technologiepark an der Uni, dessen Süd-Erweiterung die "Aufbaugemeinschaft" ebenfalls fordert, verweist Helms auf eine historische Erfahrung: 2000 sei dort ein kompletter Gartenverein "weg gehauen" - und bis heute ganze zwei Gebäude errichtet worden. Linnemann sieht das anders: Auch wenn die Entwicklung des Technologieparks in den letzten Jahren "eine kleine Pause" eingelegt habe, sei dessen Erweiterung im Bereich bestehender Kleingärten notwendig.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestellerautor will in den Bundestag
Nukleare Drohungen
Angst ist ein lautes Gefühl