SPORTPLATZ : Zweiter Aufschlag
VOLLEYBALL Die Berliner Volleys holen einen Topspieler zurück – den sie im Sommer gefeuert hatten
Für Scott Touzinsky war es ein sehr emotionaler Moment, als der Volleyballer die Max-Schmeling-Halle betrat. „Fantastisch. 4.000 Zuschauer feuern dich an, egal ob du vorn oder hinten liegst. Das ist genau der Ort, an dem ich sein möchte“, sagte der US-Amerikaner, der seit Anfang vergangener Woche wieder für die Berlin Recycling Volleys aufschlägt. Sein Comebackdebüt verloren die Volleys allerdings gegen Monza mit 1:3 Sätzen – und schieden aus dem CEV-Pokal aus. Am Sonnabend lief es für Touzinsky und sein Team besser. Gegen den TV Bühl gab es ein glattes 3:0. „Eine echte Ansage“, wie Touzinsky befand.
Dass Scott Touzinsky, der 2008 mit der US-Auswahl olympisches Gold errang, wieder für die Volleys aktiv ist, überrascht. Im Sommer ließen die Berliner Verantwortlichen den Außenangreifer ziehen. Sein Gehalt und sein sportlicher Wert standen nicht immer miteinander im Einklang, befand man damals. Touzinsky wäre gern geblieben. „Ich hatte immer das Gefühl, dass meine Arbeit hier noch nicht beendet ist“, erklärte er rückblickend Anfang der Woche.
Nicht konstant genug
Seine Leistungen waren aber nicht konstant genug. Hin und wieder überzeugte er als Leader, der das Team antreibt. Aber als es darauf ankam – in der Finalserie gegen Friedrichshafen –, enttäuschte Touzinsky. Und der letzte Eindruck blieb. Der Globetrotter musste weiterwandern – nach Puerto Rico, wo er schon einmal aktiv war.
Die Volleys wollten ohne Touzinsky lieber auf Angriffsstärke setzen. Sie holten auf seiner Position den Argentinier Pablo Bengolea. Aber der konnte nicht überzeugen und musste Ende vergangenen Jahres ebenfalls gehen. „Das ist nicht so aufgegangen wie erhofft“, sagt Manager Kaweh Niroomand dazu.
Überhaupt lief es nicht wie gewünscht. In der Liga gab es schon vier Niederlagen, in allen Pokalwettbewerben schied das Team aus. Es hatte Probleme in der Annahme – und eben genau da liegt die Stärke von Touzinsky. So nahm die Rückholaktion schnell Konturen an. Die Volleys kämpften um ihn: Nicht weniger als fünf Verbände mussten dem Wechsel zustimmen.
Auf diese Weise mutierte der Außenangreifer zum neuen Heilsbringer. Bisher präsentierten sich die Volleys häufig als zusammengewürfelter Haufen. „Eine Ansammlung von Individualisten, die sich zufällig zum Volleyballspielen getroffen haben“, wie Niroomand einmal meinte. Das soll mit Touzinsky besser werden. „Er ist ein echter Teamplayer, einer, der das Team zusammenhält“, so Niroomand.
Und dieses Mal will Touzinsky überzeugen. „Er ist willig und ehrgeizig“, ist sich Niroomand sicher. Voller Tatendrang. So übereifrig, dass er kürzlich zum Training vor der Halle stand und feststellen musste, dass er seine Sportkleidung vergessen hatte.
Touzinskys Vertrag läuft zunächst drei Monate, bis Saisonende. Er würde gerne länger bleiben. Auch um seiner Frau und seinem kleinen Kind einen erneuten Umzug zu ersparen. „Es ist perfekt hier. Der Verein kümmert sich um alles, ich kann mich voll auf Volleyball konzentrieren“, sagte er bei seiner Rückkehr.
Die ersten Auftritte lassen auf eine dauerhafte Berliner Zukunft schließen. Solange er nach den Reisestrapazen im Spiel gegen Monza fit war, lief es gut für die Volleys. „Da haben wir den besten Volleyball dieser Saison gespielt“, fand Niroomand. Erst als Touzinskys Kräfte nachließen, ging es mit dem Team bergab. Vielleicht ist er wirklich genau der Mann, den die Volleys nun brauchen. NICOLAS SOWA