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Archiv-Artikel

SPORTPLATZ Die Liga driftet auseinander

VOLLEYBALL Die Begegnung von Berlin Volleys und Netzhoppers steht beispielhaft für die Kluft in der Liga

Es war eine schnelle Angelegenheit. Nur 73 Minuten benötigten die Berlin Volleys am Samstagabend, um die Netzhoppers KW-Bestensee aus dem benachbarten Brandenburg 3:0 (25:20, 25:15, 25:20) zu bezwingen. Dennoch urteilte deren Mittelblocker Paul Sprung (kein Künstlername) über den Sieger recht kritisch: „Heute waren sie nicht so gut.“ Er erinnerte daran, dass man beim amtierenden Deutschen Volleyballmeister auch schon deutlicher verloren habe. Im ersten und dritten Satz hätte man sich durch unnötige Fehler selbst um einen Satzgewinn gebracht.

Eine große sportliche Brisanz steckte nicht in diesem Volleyball-Derby. Das verdeutlichte auch Sprungs Sinnieren am Samstagabend über den verpassten Teilerfolg des Drittletzten gegen den Tabellenführer. Eine gewisse Sprengkraft hatte diese Paarung jedoch durchaus: Sie steht beispielhaft für das immer stärkere Auseinanderdriften der Liga.

Für die Berlin Volleys, die Jahr für Jahr ihre Sponsoren, Zuschauerzahlen und Punktgewinne mehren, war die Partie nicht viel mehr als eine praktische Fingerübung, um sich auf die internationale Bewährungsprobe am Dienstag in der Champions League vorzubereiten. Mit einem Sieg gegen den russischen Pokalsieger Lokomotiv Nowosibirsk (19.30 Uhr, Schmelinghalle) hätte der Klub die Playoff-Runde erreicht.

Bei den Netzhoppers dagegen ist man schon froh, wenn man den Etat der Vorjahres – ein Viertel etwa des Berliner Budgets – wieder zusammenbringt, um im Klassenverbund mit dem Ligaprimus bleiben zu dürfen. Vor dieser Saison hätte es mit der Versetzung beinahe nicht geklappt. Der Lizenzentzug drohte im Oktober.

Wie das kam? Volkmar Mann, der den beurlaubten Geschäftsführer Michael Kahl vertritt, berichtet von einer ganzen Reihe Stammsponsoren, die ihre Einnahmen verringert hätten, und von einem Hauptsponsor, der nicht liquide gewesen sei. Es sind die üblichen zwielichtigen Existenzkampfgeschichten. Den Namen des verhängnisvollen Hauptsponsors kann Volkmar Mann nicht nennen, weil dieser von vornherein anonym agieren wollte. „Diesem zu vertrauen ist sicherlich leichtgläubig gewesen“, gesteht er im Nachhinein.

Mit einer Geldstrafe, einem Vierpunkteabzug und einer zeitweiligen Sperre der noch unbezahlten ausländischen Legionäre sanktionierte der Ligaverband die verfehlten Lizenzaufgaben der Netzhoppers. Man will dem Verein nun beratend und kontrollierend zur Seite stehen und ihm so in dieser Saison wieder auf die Beine helfen. Es ist das Prinzip des Forderns und Förderns.

Mit einer ähnlichen Strategie begegnen auch die Berlin Volleys ihrem kränkelnden Nachbarn. Der Vorzeigeklub der Liga treibt die Professionalisierung des Volleyballsports voran. Manager Kaweh Niroomand will, dass auch die anderen Vereine in größeren Hallen spielen, dass den Sponsoren, dem Fernsehen und den Zuschauern ein besseres Umfeld geboten wird. Doch den hohen Ansprüchen sind derweil nur Haching und der VfB Friedrichshafen gewachsen, die anderen Klubs drohen bei dem veranschlagten Tempo abgehängt zu werden.

In dieser verzwickten Lage betätigt sich Niroomand nun zudem als Entwicklungshelfer. Den Brandenburgern ließ er vor dem Duell am Samstagabend 500 Eintrittskarten zukommen, damit diese aus dem Verkauf einen Gewinn generieren konnten. Zudem organisierte er nach dem Spiel ein Sponsorentreffen. Eine Tombola zugunsten der Netzhoppers ist auch geplant.

Und auch moralisch stand Niroomand dem Gegner bei. Als Beleg der immer größer werdenden Kluft in der Volleyball-Bundesliga wollte er die Partie nicht gewertet wissen. Er sagte: „Man muss den Netzhoppers Tribut zollen, dass sie unter solchen Umständen so fleißig trainieren und so eine gute Leistung bringen.“ JOHANNES KOPP