SPORTLICHE LEISTUNG OHNE BELOHNUNG: Nachwuchs ausgebremst
Werder Bremens U 21 könnte in dieser Saison Meister werden. Trotzdem will der Verein das Team nicht in die Regionalliga aufsteigen lassen: Die Auflagen des DFB sind zu hoch
Werder steigt nicht auf. Auch wenn sie - und die Chancen stehen gut - Meister werden mit ihrer U 21. Der Verein will es so. Der Grund: Der organisatorische Aufwand für die Fußball-Regionalliga sei für Werder Bremen nicht zu bewältigen. Doch das Problem haben auch andere Vereine im Norden - die Auflagen des Deutschen Fußballbundes (DFB) sind auch bei Amateuren hoch.
Einen Spieltag vor Schluss belegen die Fußballer von Werder III den zweiten Tabellenplatz der Bremen-Liga, nur einen Punkt hinter Tabellenführer Bremer SV. Am letzten Spieltag treffen die beiden Teams aufeinander: Ein echtes Endspiel also. Doch schon jetzt teilte Uwe Hartggen, Nachwuchskoordinator bei Werder Bremen, der U 21 mit, dass sie nicht an der Aufstiegsrunde zur Regionalliga Nord teilnehmen werden. Egal wie das Spiel ausgeht.
Wenn die U 21 in die Regionalliga aufsteigen würde, müssten sie sich den "Platz 11" nicht nur mit Werders U 19 teilen, sondern auch mit der zweiten Mannschaft, die in der Dritten Liga spielt. In den Augen von U 21-Trainer Andreas Ernst ein organisatorisches Problem ungeahnten Ausmaßes. Er verweist auf den letzten Bundesligaspieltag, als Werder und der HSV im Weserstadion aufeinander trafen und parallel Werder II gegen Ergebirge Aue spielte. "Wenn dann noch wir ein Heimspiel hätten, wäre das Chaos perfekt".
Ein Ausweichstadion kommt für Werder III nicht in Frage, sagen die Club-Offiziellen. Anders sehen es die Spieler: "Ich glaube, dass der Verein sich einfach nicht die Mühe machen will. Viele im Team denken, dass wir im nächsten Jahr Regionalliga spielen könnten, wenn Werder es will", sagt einer, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will. Und weiter: "Der Verein hat uns immer eine Tür für den Aufstieg offengehalten. So kurz vor Saisonende zu erfahren, dass es nicht klappt, ist bitter." Und doch es ist nicht nur ein Problem von Werder, noch nicht einmal nur ein bremisches Problem. Auch in Hamburg und Schleswig-Holstein wolle niemand in die Regionalliga aufsteigen, sagt Björn Fecker, Präsident des Bremer Fußball-Verbandes, Jugendtrainer und grüner Sportpolitiker.
Grund sind die Auflagen: Wer in der Regionalliga mitspielen will, muss - so will es der DFB - unter anderem fernsehtaugliches Flutlicht und 5.000 Plätze vorweisen können, darunter 1.000 Sitzplätze. Ganz egal, wie viel kommen: Zuletzt lag der Zuschauerschnitt in der Regionalliga Nord bei 1.218. Vom Fernsehen ganz zu schweigen.
Da das Problem bestehen bleibt, wird es auch künftig für Werders U 21 keine Regionalligaspiele geben. Die große Überlegenheit in der Bremen-Liga ist dennoch nicht von der Hand zu weisen. "Die Schere zwischen oberer und unterer Tabellenhälfte ist in den letzten Jahren noch größer geworden", sagt der U 21-Trainer. "Wir haben in 29 Spielen 108 Tore geschossen. So etwas sollte in einer fünften Liga eigentlich nicht passieren." Ernst hält eine andere Alternative für möglich: Er plädiert dafür, dass sich Bremen dem niedersächsischen Fußballverband anschließt. Der Aufsteiger aus Bremen könnte dann in der Oberliga Niedersachsen antreten, wo die Leistungsdichte deutlich stärker sei. Werder würde so gegen Teams wie den VfB Oldenburg oder Kickers Emden spielen.
Laut Andreas Ernst laufen aktuell Gespräche mit dem Bremer Verband. Doch Fecker winkt ab. "Das wird nicht passieren", stellt er unmissverständlich klar. Er plädiert für eine andere Lösung: Der DFB soll die Regionalligen in die Zuständigkeit der Regionalverbände übergeben. Und die würden dann die Auflagen reduzieren. Ende Oktober wird der DFB-Bundestag darüber debattieren. Änderungen sind also erst für die Saion 2011/12 möglich.
Dass Spieler Konsequenzen aus dem Verhalten ihres Vereins ziehen, bezweifelt der ungenannte Nachwuchssportler: "Wenn keine Angebote aus höheren Ligen kommen, wird keiner das Team verlassen. Ein Wechsel innerhalb Bremens macht keinen Sinn."
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