: SPERM UND DRANG Von Werner Pieper
Wir kommen schon arg ins Schnaufen, wenn wir 18 km/h schnell laufen. Dabei haben wir diese Geschwindigkeit schon zurückgelegt, bevor es uns in unserer heutigen Form gab. Auf den ersten 50cm, die das Sperma durch den 0,5-1,2mm dicken Tunnel aus den Hoden schießt, legt es ganze fünf Meter pro Sekunde zurück. Wen wundert's da, daß der marktführende Hersteller von Herrenunterwäsche Schießer heißt?
„Every Sperm is sacred“, singen die frechen Jungs von Monty Python. Dabei ahnen sie wohl kum, daß in der Tat ein Behältnis mit Sperma seine Runden im Himmel dreht: Während Spacelab-Versuchen wurde auch Bullensperma gestestet. Nun weiß man, daß es sich in der Schwerelosigkeit des Alls zielgerichteter bewegt als auf Erden. Dies könnte ein Hinweis auf ein erhöhtes Fruchtbarkeitsvermögen im Weltall sein. „Und wie ist es beim Menschen?“ fragte da die 'Unabhängige Bauernstimme‘.
Über den Homo sapiens weiß man inzwischen, daß bei ihm ein Spermium nicht wie das andere ist. Ganz im Gegenteil. Da gibt es solche, die gerne zum Ziel kommen, und dann gibt es andere, die gerne erstere Spermienkollegen aufhalten, blockieren oder gar angreifen und zerstören. Sie scheinen Teil einer riesigen DNS- Verschwörung zu sein.
Jeder Mann produziert genügend Sperma, um unzählige Kinder zu zeugen. So gesehen gibt es zu viele Männer (oder zu wenig Frauen, je nach Betrachtungsweise) — zu viel Sperma, zu wenig fruchtbare Eier, zu wenig Zeit der Fruchtbarkeit. Wir Männer mögen Millionen von Spermien auf den potentiellen Lebensweg schicken, den Frauen kommt es nicht auf die Menge an, sondern auf die Qualität. Zwar weiß man noch nicht, welche Fähigkeit ein Spermatozoon aufweisen muß, um im Wettbewerb mit anderen als erstes das Ziel zu erreichen, allerdings wissen wir inzwischen, daß es auf seinem Weg diverse Feinde zu überlisten hat: das Sperma anderer Männer.
Eine Umfrage ergab, daß Frauen, die mit verschiedenen Männern Geschlechtskontakt haben, diesen vor allem in ihren fruchtbarsten Tagen suchen. Englische Studien belegen, daß (regional unterschiedlich) zwischen fünf und 30 Prozent aller Kinder biologsch nicht mit dem Mann verwandt sind, der sie als sein eigen Fleisch und Blut gezeugt zu haben glaubt. Weitere Untersuchungen ergaben, daß jeder Mann in der Tat zunehmend sogenannte Kamikaze- Spermien erzeugt, je unregelmäßiger er mit derselben Frau zusammen ist. Verbringt er die meiste Zeit mit seiner Freundin/Frau, gibt er vorwiegend „zielgerichtete Spermien“ ab. Steht er jedoch in potentiellem Wettbewerb mit anderen Männern, entwickelt sich sein Sperma unbewußt zu „Mitbewerbern“, es beinhaltet also mehr Block- und Defensivspermien.
Eigenhändig herbeigeholtes Masturbationssperma dagegen unterscheidet sich grundsätzlich von jenem im zweigeschlechtlichen Getümmel hervorgebrachten. Aber da muß man dann schon ganz genau hinschauen.
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