: SPD stößt mit Steuerplänen auf Kritik
■ DGB kritisiert zu niedrige Einkommensgrenzen / Kohl nennt geplante Ergänzungsabgabe "absurde Zukunftsgestaltung" / Lafontaine will "Kohls Steuererhöhungsorgie" stoppen
Bonn (dpa/taz) – Nach der massiven Kritik an den steuerpolitischen Vorstellungen im Regierungsprogramm der SPD-Spitze wird bei den Sozialdemokraten über die Steuerpläne erneut nachgedacht. Aus Kreisen der Parteiführung hieß es gestern, die von SPD-Chef Rudolf Scharping genannten Einkommensgrenzen für eine zehnprozentige Ergänzungsabgabe auf die Steuerschuld müßten „nicht das letzte Wort“ sein.
Nach Scharpings Ansicht soll die Bemessungsgrenze für eine solche Ergänzungsabgabe bei 50.000 Mark für Ledige und 100.000 Mark für Verheiratete liegen. Dazu hieß es am Sonntag, einige Einwände gegen eine so niedrige Festlegung seien nicht von der Hand zu weisen. Verwiesen wurde darauf, daß es derzeit lediglich einen Diskussionsentwurf für das Programm gebe, der noch jederzeit verändert werden könne.
Neben den Koalitionsparteien machte der DGB und der Bund der Steuerzahler Front gegen die SPD-Steuerpläne. DGB-Chef Meyer sprach sich für eine Bemessungsgrenze von 60.000 Mark Jahreseinkommen für Ledige und 120.000 Mark für Verheiratete aus. Im Saarländischen Rundfunk schloß er in diesem Punkt einen Streit zwischen Gewerkschaften und der SPD nicht aus. Der Bund der Steuerzahler kritisierte ebenfalls die niedrige Grenze. Der Vizepräsident der Organisation, Dieter Lau, sagte, das „Infame“ an diesem Plan sei, daß so getan werde, als ob es genügend belastbare Besserverdienende gebe.
Nach Ansicht Kohls zeugen die SPD-Pläne von einer „absurden Zukunftsgestaltung“. „Wie wollen wir aus dem Konjunkturtal herauskommen, wenn wir die, auf die wir bauen, von vornherein bestrafen?“ sagte er auf einer CDU-Veranstaltung in Schwerin. Das SPD-Wahlprogramm zeige den „alten sozialistischen Adam“. Die SPD habe nichts dazugelernt. Nach Ansicht von Finanzminister Theo Waigel wären von der SPD-Abgabe 40 Prozent der Bürger betroffen. CDU/CSU-Fraktionschef Wolfgang Schäuble warf der SPD vor, in ihrem Programm jede konkrete Festlegung zu vermeiden. Es finde sich überall ein entschiedenes „Sowohl als auch“.
Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Oskar Lafontaine nannte den von seiner Partei vorgesehenen Weg dagegen gerechter als den Beschluß der Bonner Koalition, vom 1. Januar 1995 alle Einkommensbezieher ohne Unterschied mit einem Zuschlag von 7,5 Prozent zur Kasse zu bitten. Er warf der Koalition vor, sie plane weitere Steuererhöhungen für Autofahrer und Hausbesitzer. Seine Partei, so Lafontaine, werde „Kohls Steuererhöhungsorgie“ stoppen.
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