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SPD-Vorsitzender will Alte fördernGabriel zweifelt an Rente mit 67

Sigmar Gabriel stellt die Rente mit 67 infrage. Die SPD könne sie nur unterstützen, wenn mehr ältere Beschäftigte in den Betrieben gehalten werden als bisher.

Nicht jeder mag sie – die Rente mit 67. Bild: dapd

BERLIN dpa | SPD-Chef Sigmar Gabriel hat seine Bedenken gegen die Rente mit 67 verschärft. „Wenn die Unternehmen weiterhin öffentlich über Fachkräftemangel klagen, aber die über 60-Jährigen aus dem Betrieb drängen, dann wird man die Lebensarbeitszeit nicht einfach heraufsetzen können“, sagte er der Rheinischen Post. Dies wäre „am Ende nichts anderes als eine flächendeckende Rentenkürzung“.

Gabriel bekräftigte damit einen Beschluss des letzten SPD-Parteitags. Danach soll der einst auch von der SPD mitbeschlossene Einstieg in die Verlängerung der Lebensarbeitszeit solange ausgesetzt werden, bis mindestens die Hälfte der älteren Arbeitnehmer sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind.

Den Weg zur Rente mit 67 könne die SPD nur weitergehen, wenn mehr getan werde, um ältere Beschäftigte in den Betrieben zu halten, betonte Gabriel. Er sprach sich für einen Bonus bei den Rentenversicherungsbeiträgen für die Unternehmen aus, die sich um altersgerechte Arbeitsplätze kümmern.

Die SPD will auf einem kleinen Parteitag am 24. November über ihr Rentenkonzept entscheiden. Die Parteilinke verlangt vor allem, die beschlossene Absenkung des Rentenniveaus von heute 50 auf 43 Prozent im Jahr 2030 rückgängig zu machen. Eine Vorentscheidung über diesen Streitpunkt dürfte in der kommenden Woche fallen, wenn der Parteirat des größten SPD-Landesverbandes Nordrhein-Westfalen dazu eine Position festlegt.

Die schwarz-gelbe Koalition wird wahrscheinlich Anfang November ihr angekündigtes Rentenpaket beschließen. Dabei zeichnet sich eine Aufwertung der Alterssicherung für Geringverdiener ab, die sich an die Renten nach Mindesteinkommen anlehnt. Zudem will die Union – ähnlich wie die SPD bereits vorgeschlagen hat – die Anerkennung der Kindererziehungszeiten für Neu-Rentnerinnen weitgehend vereinheitlichen. Bislang sind Frauen, deren Kinder vor 1992 geboren wurden, bei der Rentenberechnung schlechter gestellt.

Kritik von der Union

Die CSU steht nach Worten von Bayerns Sozialministerin Christine Haderthauer klar zur Rente mit 67. Dass Gabriel diese wieder infrage stelle, zeige, dass die SPD noch einen Kampf mit der eigenen Vergangenheit führe, sagte sie beim CSU-Parteitag in München. Die Ministerin betonte: „Die Rente muss Spiegel der gesamten Lebensleistung sein.“ Daher sollten Kindererziehungszeiten dabei stärker angerechnet werden.

CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt verwies darauf, dass die Beschäftigungsquote älterer Arbeitnehmer in den vergangenen Jahren stetig gestiegen sei. „Der demografische Wandel und die Generationengerechtigkeit zwingen zu Anpassungen des Rentenalters“, sagte sie der dpa.

Nach Ansicht von FDP-Generalsekretär Patrick Döring hadert die SPD noch immer mit den Leistungen ihrer eigenen Regierungszeit. „Dabei gibt Gabriel den Takt vor, nach dem Steinbrück tanzen darf.“

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1 Kommentar

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  • RS
    Reinhold Schramm

    Erinnerung an die deutsche Sozialdemokratie der Bourgeoisie und Aktionäre. Oder: Die Wahl-Demagogen der SPD und die "Rente mit 67".

     

    Dies wäre "am Ende nichts anderes als eine flächendeckende Rentenkürzung", sagte Sigmar Gagriel (SPD-Vorsitz.).

     

    Im Koalitionsvertrag vom 11. November 2005 hatten sich SPD und CDU/CSU geeinigt, die Regelaltersgrenze auf 67 Jahre anzuheben. In der Kabinettssitzung vom 1. Februar 2006 erhielt Arbeitsminister Münefering (SPD) die Zustimmung für eine schnellere Anhebung der Regelaltersgrenze.

     

    Der Prozess der Anhebung soll 2029 abgeschlossen sein, so dass die Geburtsjahrgänge ab 1964, um eine abschlagsfreie Altersrente zu erhalten, bis zur Vollendung des 67. Lebensjahres fremdbestimmt arbeiten müssen.

     

    Tatsache ist bereits heute (2012), dass lediglich 10 Prozent der Erwerbstätigen ihre Altersrente in Vollzeit-Erwerbstätigkeit im Alter von 65 Jahren erreichen! Wer bereits früher in Rente gehen muss, der bekommt pro Monat 0,3 Prozent Abschläge bzw. eine dauerhafte (lebenslängliche) Rentenkürzung! Wer zum Beispiel im Alter von 62 Jahren aus Erwerbsarbeit oder als Erwerbsloser im offenen hartz-IV-Strafvollzug, in Zwangsrentenkürzung gehen muss, der bekommt einen dauerhaften Abschlag von 10,8 Prozent (mit 60. in Rente, rd. 18 % dauerhafte Rentenkürzung)!

     

    Bei der Deutschen Rentenversicherung heißt es: "Die Abschläge wirken sich während der gesamten Laufzeit der Rente aus. Wird im Anschluss an Ihre Rente später einmal eine Hinterbliebenenrente gezahlt, gilt der Abschlag auch für diese Rente weiter."

     

    Merke: Die "Deutsche Wirtschaft" und Dividenden-Aktiengesellschaften sorgen sich auch weiterhin um ihre SPD-Sozialpartner (z. B. mit einem Posten im Aufsichtsrat der "ThyssenKrupp" AG).

     

    Trotz alledem!