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SPD-Stratege Thomas Meyer"Es geht nur um Steinmeier"

Es ist richtig, in der Krise auf den Staat zu setzen, sagt Thomas Meyer von der SPD-Grundwerte-Kommission. Fragleich sei nur, ob der SPD ihre Rückbesinnung auf den Staat geglaubt werde.

"Das Entscheidende ist nicht das Team": Frank-Walter Steinmeier. Bild: dpa
Stefan Reinecke
Interview von Stefan Reinecke

taz: Herr Meyer, warum hat die SPD bei der Europawahl so schlecht abgeschnitten? Ist ihre Politik falsch?

Thomas Meyer

Der 65-Jährige ist Mitglied der SPD-Grundwerte-Kommission und Chefredakteur der Zeitschrift Neue Gesellschaft - Frankfurter Hefte.

Thomas Meyer: Nein, es ist richtig, in der Krise auf den Staat zu setzen und nicht alles den Märkten zu überlassen.

Also hat Parteichef Müntefering mit der Parole "Weiter so!" recht?

Was Staat und Markt angeht - ja. Eine andere Frage ist, ob der SPD ihre Rückbesinnung auf den Staat geglaubt wird.

Was müsste die SPD ändern?

Sie hat bei der Bundestagswahl nur eine Chance, wenn ihre Leitfiguren das Programm in glaubwürdiger, offensiver und konsequenter Weise verkörpern - und zwar gerade, wenn sie einen polemischen Kurs gegen Schwarz-Gelb einschlagen. Die Programme liest doch kaum jemand. Massenkomunikativ zählt nur, was die Führung in ihrem Reden und Handeln verkörpert.

Und daran hapert es bei Steinmeier und Müntefering?

Nein, das kann man so nicht sagen. Richtig ist aber, dass sie den Kurs - Staat als regelsetzende Institution, Grenzen für die Märkte - ziemlich spät eingeschlagen haben. Das ist wohl eine Erklärung für die Wahlniederlage.

Es gibt in der Krise eine Renaissance des Nationalstaats, der als letzter handlungsfähiger Akteur erscheint. Warum schadet das europaweit ausgerechnet den Sozialdemokraten?

Eine Erklärung ist: Verunsicherte Wähler neigen zum Konservativen, um Scheinsicherheit zu gewinnen. Hinzu kommt, dass viele sozialdemokratische Parteien in den letzten Jahren - Stichwort: Dritter Weg - staatsskeptisch und marktnah geworden sind. Jetzt hat die Sozialdemokratie ihre Botschaft gewechselt und ist zu ihrer Tradition zurückkehrt. Das haben ihr, vorsichtig formuliert, viele Wähler nicht geglaubt.

Braucht Steinmeier nach dieser Pleite ein Team von schillernden Persönlichkeiten?

So ein Team kann nützlich sein. Aber das Entscheidende wird Steinmeier sein, nicht das Team.

Ist das SPD-Wahlprogramm, das ja sehr gemäßigt wirkt, profiliert genug?

Ja. Es enthält eine Skizze für die Neuordnung der Finanzmärkte, das Konzept für eine ökologische Industriegesellschaft und die Forderung, Steuerlasten umzuverteilen. Das sind zeitgemäße Ideen.

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4 Kommentare

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  • K
    Klara

    Der Stratege liegt vielleicht vollkommen daneben, denn die SPD hat eine ganz bestimmte Sozial- und Arbeitsmarktpolitik eingeschlagen, die bei Hartz-IV anfängt und bei der Rente mit 67 aufhört. Lange arbeiten, wenig verdienen, durch alle Netze rassseln, superhohe Steuern und Beiträge dafür bezahlen und sich dann von lauter Beamten mit SPD-Parteibuch noch misantrophische Kommentare anhören zu müssen, schafft der SPD ein Heer von Feinden, die ihr unbedingt einen Denkzettel verpassen wollen.

    Das schaffen die auch bei jeder Wahl, aber die SPD will diese Botschaft einfach nicht zur Kenntnis nehmen, weil das nämlich schmerzhaft ist. Da schrumpft sie lieber auf das Niveau einer vollkommen neuen Sorte von Partei, einer Partei, die vlelleicht nicht mal mit einer anderen Partei selber regieren kann, sondern wohlmöglich eine dritte und vierte Partei braucht - womit instabile Konstalltionen geradezu programmiert sind.

    In den neuen Bundesländern könnte es zu einem Dauertief für die SPD kommen, denn dort sind die Wähler beweglich und zum Teil recht aggressiv.

    Aber laut Stratege Meyer hat sich die SPD ja wieder ihr altes Profil zugelegt, fragt sich nur wo, denn die Wähler vermögen nicht zuerkennen, wo die SPD ein Regierungsprogramm verwahrt, dass wirklich positive Entwicklungen für die Menschen beinhaltet.

    Was doch nach der Wahl kommen wird, sind Steuererhöhungen, denn die Geschenke an Industrie und Gewerkschaften kosten sehr viel Geld.

  • JK
    Juergen K.

    Mehr als,

     

    dass er nicht seine Politik nach den Wählern ausrichten will,

     

    braucht man nicht zu wissen.

     

    Genau so trifft es auch auf den Meinungsführer -ich mag Führer nicht- zu.

     

    Die Relevanz irgendeines Parteimitgliedgeschwafels mag jeder selbst beurteilen.

  • K
    Klara

    Der Stratege liegt vielleicht vollkommen daneben, denn die SPD hat eine ganz bestimmte Sozial- und Arbeitsmarktpolitik eingeschlagen, die bei Hartz-IV anfängt und bei der Rente mit 67 aufhört. Lange arbeiten, wenig verdienen, durch alle Netze rassseln, superhohe Steuern und Beiträge dafür bezahlen und sich dann von lauter Beamten mit SPD-Parteibuch noch misantrophische Kommentare anhören zu müssen, schafft der SPD ein Heer von Feinden, die ihr unbedingt einen Denkzettel verpassen wollen.

    Das schaffen die auch bei jeder Wahl, aber die SPD will diese Botschaft einfach nicht zur Kenntnis nehmen, weil das nämlich schmerzhaft ist. Da schrumpft sie lieber auf das Niveau einer vollkommen neuen Sorte von Partei, einer Partei, die vlelleicht nicht mal mit einer anderen Partei selber regieren kann, sondern wohlmöglich eine dritte und vierte Partei braucht - womit instabile Konstalltionen geradezu programmiert sind.

    In den neuen Bundesländern könnte es zu einem Dauertief für die SPD kommen, denn dort sind die Wähler beweglich und zum Teil recht aggressiv.

    Aber laut Stratege Meyer hat sich die SPD ja wieder ihr altes Profil zugelegt, fragt sich nur wo, denn die Wähler vermögen nicht zuerkennen, wo die SPD ein Regierungsprogramm verwahrt, dass wirklich positive Entwicklungen für die Menschen beinhaltet.

    Was doch nach der Wahl kommen wird, sind Steuererhöhungen, denn die Geschenke an Industrie und Gewerkschaften kosten sehr viel Geld.

  • JK
    Juergen K.

    Mehr als,

     

    dass er nicht seine Politik nach den Wählern ausrichten will,

     

    braucht man nicht zu wissen.

     

    Genau so trifft es auch auf den Meinungsführer -ich mag Führer nicht- zu.

     

    Die Relevanz irgendeines Parteimitgliedgeschwafels mag jeder selbst beurteilen.