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SPD-Parteitag in DresdenDie Neuen

Auf dem Bundesparteitag der SPD am Wochenende will der designierte Chef Gabriel eine kritische Wahlanalyse und Andrea Nahles einen Generationenwechsel. Müntefering kündigt schon mal klare Worte an.

Franz Müntefering stößt noch einmal auf seine Genossen an. Hier beim Fest der Spd-Zeitung "Vorwärts" in Dresden. Bild: dpa

DRESDEN dpa | Der designierte SPD-Chef Sigmar Gabriel hat vor dem am Freitagvormittag beginnenden SPD-Bundesparteitag in Dresden auf eine Analyse des Debakels bei der Bundestagswahl gepocht. "Es kommt darauf an, dass die SPD jetzt zwei Dinge macht: Dass sie sich darüber unterhält, wie es zu dieser schweren Niederlage gekommen ist, aber gleichzeitig auch einen neuen Antritt schafft", sagte er am Donnerstagabend in Dresden dem Audiodienst der dpa.

Auch die künftige SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles sprach sich für offene Debatten auf dem Parteitag aus. Im ARD-"Morgenmagazin" sagte sie: "Wir wollen uns sammeln und kritisch auswerten. Wir werden hier einen Generationswechsel haben. Wenn die SPD zu alter Stärke zurückfinden will, dann darf sie nicht so bleiben, wie sie ist." Zum Thema Rente mit 67 sagte Nahles: "Wir werden neue Antworten geben müssen." Eine Entscheidung werde der Parteitag aber nicht fällen.

Eröffnet wird der dreitägige Parteitag am Vormittag mit einer Rede des scheidenden Vorsitzenden Franz Müntefering. Im SPD-Vorstand hatte er nach dpa-Informationen am Donnerstagabend angekündigt, er werde seinen Abschied "im Ton moderat, aber eindeutig in der Sache" gestalten. Daran schließt sich eine längere Aussprache der 525 Delegierten über die Ursachen der Wahlniederlage an. Anschließend wird Gabriel eine Grundsatzrede halten. Es gilt nicht als sicher, ob die neue Spitze wie geplant noch am Freitag oder erst am Samstag gewählt wird.

Der sächsische SPD-Chef Martin Dulig kritisierte die ursprüngliche Personalpolitik der Bundesspitze. Er sagte dem Sender "MDR info": "Unmittelbar nach der Bundestagswahl hatten wir das Gefühl, dass da Kungeltreffen stattgefunden haben." Versöhnt habe ihn jedoch, dass das neue Personal eine "wohltuende Offenheit" in Gang gesetzt habe. Der Berliner SPD-Vorsitzende Michael Müller erteilte einer kompletten Neuausrichtung der Partei eine Absage. Im rbb-"Inforadio" sprach er sich vielmehr für "punktuelle" Korrekturen aus, unter anderem bei der Rente mit 67.

Die SPD war bei der Bundestagswahl auf rund 23 Prozent der Stimmen abgestürzt. Es war ihr schlechtestes Ergebnis in der Geschichte der Bundesrepublik.

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8 Kommentare

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  • M
    MANU

    Ihren Kommentar hier eingeben

    Die SPD wird mit dieser Aufstellung einfach nicht gewinnen. Es ist mir geradezu ein Rätsel, warum die SPD sich nicht selber aus der Hartz- und Agedna-Falle befreien kann. Eine SPD die für soziale Kälter, Abbau sozialer Sicherungssysteme und politische Ignorantz steht, ist doch unwählbar.

    und so sieht es ja auch aus: Die Unter-20-Prozent sind durchaus realistisch für diese Partei.

    Und was nützt die Einsicht? Bei der SPD wohl nicht viel.

    Ich würde auch

    @anke

    zustimmen, wenn sie die These formuliert, dass die SPD immer nur das wiedergegeben hat, was sie selber vermutet haben. Soziale Sicherung ist bezahlbar. Die Steuerverluste und Folgekosten von Hartz-IV sind doch nie berechnet worden. Wenn Arbeitslose sich drastisch weniger bewerben, kaum Geld für Kleidung, Haarschnitt und andere Oberflächlichkeiten haben, dann wirkt sich das mit Sicherheit negativ auf deren Chancen aus. Da mag der Druck ja riesengroß sein.

    Aber wie auch immer, die SPD regiert nicht mehr und es ist die wirklich interessante Frage, wann es die SPD mal wieder auf die Regierungsbank schafft? Ich glaube das könnte 20 Jahre dauern.

  • A
    anke

    Erst darüber reden, wie es zum Niedergang der SPD kommen konnte und dann einen "neuen Antritt" starten? Man kann Herrn Gabriel nur raten, seine Prioritäten zu überdenken. So lange die SPD-Spitze nämlich nicht daran glaubt, dass die Idee von der sozialen Demokratie noch eine irgendwie geartete Zukunft hat, wird sie sich auch nicht trauen, frühere Entscheidungen zurückzunehmen, zu korrigieren oder auch nur ernsthaft zu diskutieren.

     

    Die SPD hat nun lange genug feststellt: So wird das nichts. Sie sollte sich langsam überlegen, worauf sie in Zukunft ihren Optimismus gründen will. Die Sache ist doch so: Eine Partei, die für ihre Tapferkeit und ihre Ehrlichkeit gerühmt werden möchte, bloß weil sie behauptet, die sozialen Systeme wären langfristig nicht zu retten und hätten auch nur deswegen (mehr schlecht als recht) bis heute überlebt, weil die SPD sie bereits selbst erheblich demontiert hat, hat abgewirtschaftet. Sie braucht sich nicht zu wundern, wenn niemand mehr etwas von ihr erwartet und keine beim Zapfenstreich dabei sein will. Für die Zukunft die eigene Überflüssigkeit zu prophezeien, wirkt weder ehrlich noch tapfer, sondern lediglich depressiv. SPD-Wähler sind keine Titanic-Kapelle. Sie werden also nicht allein deswegen Schlager spielend in den Untergang gehen, weil ihr Kapitän nicht gern allein auf der Brücke sein mag, wenn die Wellen über ihm und seiner einstigen Macht bzw. Herrlichkeit zusammenschlagen. Das Willy-Brandt-Haus steht in Berlin, nicht in Hollywood.

     

    Seit Jahren ist von der SPD angesichts rasant fortschreitender Globalisierungstendenzen nichts als Gejammer zu hören. Das muss aufhören. Das Rad wird sich nicht zurückdrehen, nur weil den Vordenkern der Sozialdemokratie auch für sehr viel Geld partout nicht einfallen will, was gegen die Folgen von Kapitalflucht und Konkurrenzdruck zu unternehmen sei – abgesehen natürlich vom immer rascheren und immer lärmenderen Austausch der lokalen Parteiführung natürlich. Andrea Nahlen hat ja durchaus recht wenn sie behauptet, es müssten neue Antworten her. Das Problem ist bloß: Weder von Gabriel noch von Steinmeier, Dulig oder Müller und auch nicht von ihr selbst sind bisher welche überliefert. Man darf gespannt sein, ob der Dresdner Parteitag in dem Punkt überrascht.

  • F
    franziska.qu

    @ WaltaKa: dazu paßt folgendes aus der SZ. Ein Interview mit dem Vorsitzenden der bayerischen SPD und stv. Bundesvorsitzendem Pronold

    "Pronold: Ich finde dennoch, dass der Eindruck falsch ist. Ich sage nicht, die Leute waren zu blöd, uns zu verstehen. Nein. Wir waren zu blöd, unsere Themen richtig rüberzubringen. Es reicht eben nicht mehr aus, nur die richtige Politik zu machen". Alles klar also.

  • W
    WaltaKa

    Hi,hi, hi, welch Ausgangslage. Verlust des Status der Volkspartei, 23 %. Ein Parteitag, der Führungsfiguren inthronisieren darf, die sich in intimster kladestiner Runde gegenseitig die Pöstchen zuschoben.

    Ein Fraktionsvorsitzender, der "stolz" ist auf die Themen, die er mit seinem Guru Schröder + Kumpels in der Partei durchgepeitscht hat und die die Menschen von der SPD weggebracht haben. Massenarmut ist seither Thema.

    Die 'neuen' Führungskader, die versuchen, die Themen der Agenda 2010 den Menschen in neuer Verpackung weiter zu verkaufen. Motto: die Politik war richtig, wir haben es den Menschen lediglich nicht richtig vermittelt; die Menschen haben die Themen nicht richtig verstanden. Usw

    Doch, Schröderianer Partei Deutschlands, wir haben verstanden. Meine Antwort: ich werbe für die 16,5% der bayerischen SPD als zukünftiges SPD-Bundesergebnis.

  • M
    MANU

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    Die SPD wird mit dieser Aufstellung einfach nicht gewinnen. Es ist mir geradezu ein Rätsel, warum die SPD sich nicht selber aus der Hartz- und Agedna-Falle befreien kann. Eine SPD die für soziale Kälter, Abbau sozialer Sicherungssysteme und politische Ignorantz steht, ist doch unwählbar.

    und so sieht es ja auch aus: Die Unter-20-Prozent sind durchaus realistisch für diese Partei.

    Und was nützt die Einsicht? Bei der SPD wohl nicht viel.

    Ich würde auch

    @anke

    zustimmen, wenn sie die These formuliert, dass die SPD immer nur das wiedergegeben hat, was sie selber vermutet haben. Soziale Sicherung ist bezahlbar. Die Steuerverluste und Folgekosten von Hartz-IV sind doch nie berechnet worden. Wenn Arbeitslose sich drastisch weniger bewerben, kaum Geld für Kleidung, Haarschnitt und andere Oberflächlichkeiten haben, dann wirkt sich das mit Sicherheit negativ auf deren Chancen aus. Da mag der Druck ja riesengroß sein.

    Aber wie auch immer, die SPD regiert nicht mehr und es ist die wirklich interessante Frage, wann es die SPD mal wieder auf die Regierungsbank schafft? Ich glaube das könnte 20 Jahre dauern.

  • A
    anke

    Erst darüber reden, wie es zum Niedergang der SPD kommen konnte und dann einen "neuen Antritt" starten? Man kann Herrn Gabriel nur raten, seine Prioritäten zu überdenken. So lange die SPD-Spitze nämlich nicht daran glaubt, dass die Idee von der sozialen Demokratie noch eine irgendwie geartete Zukunft hat, wird sie sich auch nicht trauen, frühere Entscheidungen zurückzunehmen, zu korrigieren oder auch nur ernsthaft zu diskutieren.

     

    Die SPD hat nun lange genug feststellt: So wird das nichts. Sie sollte sich langsam überlegen, worauf sie in Zukunft ihren Optimismus gründen will. Die Sache ist doch so: Eine Partei, die für ihre Tapferkeit und ihre Ehrlichkeit gerühmt werden möchte, bloß weil sie behauptet, die sozialen Systeme wären langfristig nicht zu retten und hätten auch nur deswegen (mehr schlecht als recht) bis heute überlebt, weil die SPD sie bereits selbst erheblich demontiert hat, hat abgewirtschaftet. Sie braucht sich nicht zu wundern, wenn niemand mehr etwas von ihr erwartet und keine beim Zapfenstreich dabei sein will. Für die Zukunft die eigene Überflüssigkeit zu prophezeien, wirkt weder ehrlich noch tapfer, sondern lediglich depressiv. SPD-Wähler sind keine Titanic-Kapelle. Sie werden also nicht allein deswegen Schlager spielend in den Untergang gehen, weil ihr Kapitän nicht gern allein auf der Brücke sein mag, wenn die Wellen über ihm und seiner einstigen Macht bzw. Herrlichkeit zusammenschlagen. Das Willy-Brandt-Haus steht in Berlin, nicht in Hollywood.

     

    Seit Jahren ist von der SPD angesichts rasant fortschreitender Globalisierungstendenzen nichts als Gejammer zu hören. Das muss aufhören. Das Rad wird sich nicht zurückdrehen, nur weil den Vordenkern der Sozialdemokratie auch für sehr viel Geld partout nicht einfallen will, was gegen die Folgen von Kapitalflucht und Konkurrenzdruck zu unternehmen sei – abgesehen natürlich vom immer rascheren und immer lärmenderen Austausch der lokalen Parteiführung natürlich. Andrea Nahlen hat ja durchaus recht wenn sie behauptet, es müssten neue Antworten her. Das Problem ist bloß: Weder von Gabriel noch von Steinmeier, Dulig oder Müller und auch nicht von ihr selbst sind bisher welche überliefert. Man darf gespannt sein, ob der Dresdner Parteitag in dem Punkt überrascht.

  • F
    franziska.qu

    @ WaltaKa: dazu paßt folgendes aus der SZ. Ein Interview mit dem Vorsitzenden der bayerischen SPD und stv. Bundesvorsitzendem Pronold

    "Pronold: Ich finde dennoch, dass der Eindruck falsch ist. Ich sage nicht, die Leute waren zu blöd, uns zu verstehen. Nein. Wir waren zu blöd, unsere Themen richtig rüberzubringen. Es reicht eben nicht mehr aus, nur die richtige Politik zu machen". Alles klar also.

  • W
    WaltaKa

    Hi,hi, hi, welch Ausgangslage. Verlust des Status der Volkspartei, 23 %. Ein Parteitag, der Führungsfiguren inthronisieren darf, die sich in intimster kladestiner Runde gegenseitig die Pöstchen zuschoben.

    Ein Fraktionsvorsitzender, der "stolz" ist auf die Themen, die er mit seinem Guru Schröder + Kumpels in der Partei durchgepeitscht hat und die die Menschen von der SPD weggebracht haben. Massenarmut ist seither Thema.

    Die 'neuen' Führungskader, die versuchen, die Themen der Agenda 2010 den Menschen in neuer Verpackung weiter zu verkaufen. Motto: die Politik war richtig, wir haben es den Menschen lediglich nicht richtig vermittelt; die Menschen haben die Themen nicht richtig verstanden. Usw

    Doch, Schröderianer Partei Deutschlands, wir haben verstanden. Meine Antwort: ich werbe für die 16,5% der bayerischen SPD als zukünftiges SPD-Bundesergebnis.