SPD-Linker Böhning über Steueraffäre: "Sanktionen gegen Liechtenstein"

Der Sprecher der SPD-Linken, Björn Böhning, plädiert dafür, als Konsequenz aus dem Skandal um Hinterziehung Druck auf Steueroasen auszuüben.

Björn Böhning: "Wir brauchen ein schärferes Vorgehen gegen Steuerflucht". Bild: dpa

taz: Herr Böhning, selbst der Bundesverband der Deutschen Industrie gibt sich entsetzt über den jüngsten Steuerskandal und fürchtet um die "Akzeptanz unseres Wirtschaftssystems". Gibt es jetzt eine große gesellschaftliche Koalition gegen Steuerflucht?

Björn Böhning: Voraussetzung dafür wäre erst mal ein wirkliches Schuldbewusstsein der deutschen Managerelite. Davon ist aber nichts zu sehen. Es bringt wenig, jetzt Krokodilstränen zu vergießen, von schwarzen Schafen zu sprechen und über die Moral von Managern zu diskutieren. Es ist zweifellos gefährlich, wenn die Menschen das Gefühl haben, normale Lohnsteuerzahler oder Empfänger von Sozialleistungen werden scharf kontrolliert, aber bei den Reichen drückt der Staat beide Augen zu. Doch um das zu ändern, brauchen wir ein schärferes Vorgehen gegen Steuerflucht - und da endet die Einigkeit mit dem BDI vermutlich schnell.

Die Politik, die für konsequentere Regeln zuständig wäre, hat sich in der Vergangenheit eher zurückgehalten. Auch ihr Parteifreund Peer Steinbrück hat als Finanzminister nicht auf schärfere Kontrollen gesetzt, um Steuerflucht zu unterbinden, sondern auf niedrigere Steuersätze. Hätte die SPD nicht früher handeln müssen, statt jetzt zu jammern?

Hier ist tatsächlich Selbstkritik nötig. Wir brauchen ein Aktionsprogramm zur Bekämpfung von Steuerflucht. Und ich erwarte, dass die zuständige Arbeitsgruppe unter Vorsitz von Peer Steinbrück dies ausarbeitet. International brauchen wir mehr Druck auf Steueroasen, und innerhalb von Deutschland brauchen wir konsequente Schritte bei der Einschränkung des Bankgeheimnisses und bei der bundeseinheitlichen Steuerverwaltung.

Sie wollen also den Ländern die Zuständigkeit fürs Eintreiben der Steuern entziehen?

Ja, hier müssen wir im Rahmen der Föderalismusreform II zu einem einheitlichen System kommen. Es muss Schluss damit sein, dass Länder versuchen, mit möglichst laschen Kontrollen Investoren anzulocken. Und international muss es endlich gelingen, Kapitaltransfers im Rahmen der EU stärker zu kontrollieren.

Ob sich Liechtenstein davon beeindrucken lässt? Das Land ist kein EU-Mitglied und lebt sehr gut von den illegalen Geldern, die dort liegen.

Wenn Schwarzgeld im Koffer über die Grenze gefahren wird, kann man das allenfalls über verschärfte Grenzkontrollen verhindern. Aber im Normalfall laufen die Transfers in die Steueroasen ja auf legalen Wegen, über Banken aus Deutschland oder anderen EU-Ländern. Und die kann man kontrollieren. Zudem muss man den Druck auf die Steueroasen weiter erhöhen.

Und zwar wie?

Beispielsweise erwarte ich von der Bundeskanzlerin, dass sie Klartext redet, wenn am Mittwoch der Liechtensteiner Regierungschef Otmar Hasler in Berlin ist. Es muss klar sein, dass wir den Kampf gegen Steueroasen ernst meinen. Wenn sich die betroffenen Länder nicht einsichtig zeigen, dann müssen wir auch über wirtschaftliche Sanktionen nachdenken.

Zumindest die Steuerfahndung hat jetzt ja schon zu ungewöhnlichen Mitteln gegriffen und die Daten aus Liechtenstein über den BND für fünf Millionen Euro von einem Informanten gekauft. Finden Sie dieses Vorgehen akzeptabel?

Ich denke schon, dass die Fahnder alle Möglichkeiten ausschöpfen müssen, um an Informationen ranzukommen, die anders nicht verfügbar sind. Und wenn man sich ansieht, um welche Hinterziehungsbeträge es geht, scheint mir das Geld gut angelegt zu sein.

INTERVIEW: MALTE KREUTZFELDT

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